Neue Strategie der Letzten Generation: Zielgenaue Steinschleuder gesucht

Nach zwei Jahren will die Letzte Generation aufhören, sich auf den Asphalt zu kleben. Aus ihrer neuen Strategie spricht auch Ratlosigkeit.

Leere Kleber-Tuben auf dem Asphalt

Berlin, 14.07.2023: Leere Kleber-Tuben am Rande einer Aktion der „Letzten Generation“ Foto: Christian Mang

Man kann mit Straßenblockaden viel erreichen. Der Regelbruch signalisiert nach außen, dass man sich in einer ganz besonderen Notlage befindet. Das macht Eindruck. Die Störung des Verkehrs erzeugt bei der Politik Handlungsdruck. Die will ihren Pend­le­r*in­nen und Kran­ken­wa­gen­fah­re­r*in­nen schließlich keinen ewigen Stau zumuten, den Po­li­zis­t*in­nen und Rich­te­r*in­nen keine Überlastung durch die vielen Strafverfahren.

Das wirkt: Schon behalten die Land­wir­t*in­nen ihre Kfz-Steuerbefreiung, durch deren Streichung die Regierung ihr Haushaltsloch ein wenig stopfen wollte. Dabei stand die Agrarbranche nicht nur mit zahlreichen Traktoren, sondern auch mit ziemlich vielen deutschlandflaggenschwingenden Rechtsextremen auf der Straße. Jetzt fällt eben Geld für ein bisschen Natur- und Klimaschutz weg. Für den blockiert ja niemand Straßen. Oder war da was?

Nach zwei Jahren will die Letzte Generation jetzt aufhören, sich auf den Asphalt zu kleben, wie die Klimagruppe mitgeteilt hat. Weitermachen wollen die Ak­ti­vis­t*in­nen schon. „Ungehorsame Versammlungen“ soll es künftig zum Beispiel geben. Was das sein soll, gibt die Gruppe noch nicht bekannt. Sie wolle aber künftig auch „die Verantwortlichen für die Klimazerstörung verstärkt direkt konfrontieren“ und „Orte der fossilen Zerstörung“ aufsuchen.

Aus dieser „Neuen Strategie für 2024“ spricht auch Ratlosigkeit. So, wie die Gruppe es bisher angepackt hat, hat sie ihr politisches Ziel nicht erreicht: die Bundesregierung zu ausreichendem Klimaschutz zu bewegen. Dabei waren die Straßenblockaden doch schon die Reaktion darauf, dass alles andere nicht oder nur schleppend funktioniert hat.

Mit den Jahren nutzt sich alles ab

An Orte der Klimazerstörung zu gehen, ist zum Beispiel schon lange Kern des Protests von Ende Gelände. Die Gruppe schmiss sich ab 2015 in weiße Maleranzüge, besetzte kurzzeitig Kohletagebaue und rückte diese durch Provokation und beeindruckende Bilder ins öffentliche Bewusstsein. Mit den Jahren nutzte sich das ab. Auch die Letzte Generation hat die Erfahrung schon gemacht: Das öffentliche Interesse an ihren Aktionen an fern entlegenen Ölpipelines war immer geringer als das an den Straßenblockaden. Die haben sich schließlich bei vielen Menschen im Alltag bemerkbar gemacht. Damit verbunden war allerdings auch eine massive, durch Umfragen belegte Unbeliebtheit.

Das Problem bleibt: Wer gegen Goliath in Form von mächtigen Industrien, verunsicherten und teils bequemen Mit­bür­ge­r*in­nen und einer oft behäbigen Politik kämpft, hat es schwer, eine zielgenaue Steinschleuder zu bauen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1991, ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.