Kommentar Nulltarif im Nahverkehr: Mut zur Debatte über Fahrpreise

Die FDP schlägt Nulltarif im Nahverkehr für einen Monat vor - als wissenschaftlichen Modellversuch. Eine Idee mit Charme.

Die Forderung kommt versteckt, als traue sich die FDP-Fraktion nicht, sie prominenter zu äußern: Im letzten Absatz einer Mitteilung, in der sich die Liberalen für einen komplett kostenlosen Nahverkehr im Monat April aussprechen, legen sie dem Senat eine Machbarkeitsstudie ans Herz: Man solle doch mal schauen, wie es sich auf Umwelt, Tourismus und Verkehr auswirkt, wenn Bus und Bahn in Berlin nichts kosten würden.

Huch, die FDP? Die bei Umweltschutz und Daseinsvorsorge sonst eher zurückhaltend ist? Man denke an die Forderungen nach der Verlängerung des Stadtrings oder die Kritik am Senat, als dieser die Umzugsvorschriften für ALG-II-Empfänger großzügig auslegte. Abgesehen davon, dass ein Monat wohl kaum ausreichen dürfte, um die Auswirkungen eines kostenlosen Angebots auf den Haushalt ausreichend zu evaluieren. Ein Beispiel: Steigen wirklich mehr Menschen auf den ÖPNV um, müssten die Kosten für die Instandhaltung der Straßen sinken - Geld, das in Zukunft in den Nahverkehr fließen kann. Ein Modellprojekte müsste daher über Jahre laufen - und dafür wäre eine große Portion Mut nötig.

Trotzdem hat die Idee Charme. Auch wenn sich herausstellt, dass ein komplett kostenloser Nahverkehr derzeit (vermeintlich) nicht finanzierbar ist, aber ein paar kostenlose Fahrtage im Jahr durchaus machbar sind. Denn schließlich muss man der Partei zugutehalten, dass sie eine öffentliche Debatte über hohe Fahrpreise und ihre Alternativen anstößt. Mehr Mut scheint derzeit nicht drin zu sein.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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