Kommentar Kinderschutzberichte: Verwirrendes Zahlenbild

Jede Meldung der Polizei gilt als Kindeswohlgefährung. Über Armutsfaktoren erfahren wir nichts. Der Fokus dieser Berichte sollte ein anderer sein.

Besser diese Zahlen als gar keine. Aber wie schon sein Vorgänger ist der nun vorgestellte Bericht etwas verwirrend. Auch, weil jede Meldung der Polizei über einen Ladendiebstahl oder anderes „delinquentes Verhalten“ beiträgt zur Zahl von fast 10.000 Gefährdungsmeldungen.

Dabei ist nicht jeder Jugendliche, der von gesetzlichen Normen abweicht, in seiner Entwicklung gefährdet. Erwachsenwerden ohne Verstöße gegen Regeln ist gar nicht möglich, sagen sogar Kriminologen.

Hamburg fährt hier seit Jahren die Null-Toleranz-Linie: Die Jugend wird konsequent gescannt, im Ampel-System erfasst. Repressive Maßnahmen, etwa die geschlossene Unterbringung, treffen dann jene, die zu Hause eher wenig Unterstützung erfahren.

Natürlich ist es wichtig zu wissen, wie häufig Verdacht gemeldet wird – sei es auf Vernachlässigung, Misshandlung oder Missbrauch. Auch um zu beurteilen, ob die Jugendämter mit ihrer Personalausstattung ihren Job eigentlich erledigen können. Aber der Fokus könnte ein anderer sein. Auch Armut gefährdet Kindeswohl – wieso erhalten wir darüber keine Informationen?

Die gute Nachricht: Es wird gar nicht alles schlimmer. Es wurden – zumindest im Berichtsraum 2011 – weniger Kinder aus Familien genommen. Es könnten noch weniger sein, weil es frühzeitig die nötige Unterstützung gibt.

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Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.

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