Homosexualität in Indien wieder strafbar: Zurück in die Kolonialzeit
Homosexualität steht in Indien nun wieder unter Strafe – das Oberste Gericht hat ein uraltes Gesetz wiederbelebt. Menschenrechtler sind überrascht und entsetzt.
NEU DELHI afp | Indiens Oberstes Gericht hat ein Strafgesetz aus der Kolonialzeit, das homosexuelle Handlungen kriminalisiert, bestätigt. Es sei Aufgabe des Parlaments, dieses gegebenenfalls zu ändern, hieß es in einer Entscheidung vom Mittwoch. Die Regelung betreffe auch Verfassungsfragen. Das Oberste Gericht hob damit die Entscheidung eines Gerichts in Neu Delhi aus dem Jahr 2009 auf, das gleichgeschlechtlichen Sex zwischen Erwachsenen als nicht strafbar eingestuft hatte.
Menschenrechtsaktivisten kritisierten die Entscheidung. „Eine solche Entscheidung war überhaupt nicht absehbar, das ist ein schwarzer Tag“, sagte Arvind Narayan, Anwalt der Homosexuellengruppierung Alternative Law Forum. „Wir sind sehr erbost über diese rückschrittliche Entscheidung“, fügte er hinzu. Eine andere Aktivistengruppe kündigte an, rechtliche Schritte gegen das Urteil zu prüfen. Für Mittwoch wurde zu Protesten aufgerufen.
Die niedrigere Instanz in Neu Delhi hatte im Juli 2009 geurteilt, die Bestimmung im Strafrecht, die „widernatürlichen Geschlechtsverkehr“ untersagt, sei diskriminierend und verstoße deshalb gegen die Grundrechte. Vor der damaligen Entscheidung konnte Homosexualität mit einer Geldstrafe und bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Das Gesetz wurde selten angewendet, Homosexuelle warfen der Polizei jedoch vor, den Paragrafen für Schikanen und Einschüchterungen zu nutzen.
Die damalige Gerichtsentscheidung wurde vor allem von religiösen Gruppen, darunter die katholische Kirche, kritisiert. Gleichgeschlechtliche Liebe war im traditionell konservativen Indien lange tabu, viele Inder betrachten Homosexualität als Krankheit. In den vergangenen Jahren drängten Schwule und Lesben jedoch zunehmend in die Öffentlichkeit und organisierten Paraden in Metropolen wie Mumbai und Neu Delhi.
Leser*innenkommentare
Sören
Gast
Die Überschrift passt gut, weil das Gesetz, um das es geht, aus der Zeit des "British Raj" stammt, also aus der Kolonialzeit. Es wurde von den Briten gemacht, nicht die Inder selbst haben sich dieses Gesetz gegeben.
Wenn Menschenrechte nicht beachtet werden, ist das keine Frage von Westen gegen Osten. Es ist faszinierend, wie gerne einige die ursprünglich westlichen Werte klein machen, wenn es in ihre Ideologie passt. Indien ist Mitglied der Vereinten Nationen, die sich für den Kampf gegen Homophobie einsetzen.
Es geht hier um universelle und unveräußerliche Menschenrechte, und wenn sie verletzt werden, ist es vollkommen egal, wo dies passiert. Es geht die Menscheit auf jeden Fall etwas an.
Die Katholische Kirche nutzt Gesellschaften, die noch nicht so weit entwickelt sind, aus, um sich an ihren eigenen, mittelalterlichen Ideen zu ergötzen. Da gibt es (mal wieder) nichts zu verharmlosen und zu relativieren.
I have a dream
Gast
Minderheiten müssen geschützt werden! Katholiken sind in Indien auch eine Minderheit.
Es wäre schön, wenn die Katholiken dort, wo sie die Mehrheit stellen, auch immer schön tolerant gegenüber Minderheiten sind. Die Menschenrechte achten und für den Weltfrieden beten. Gegen Waffenexporte etc. sind.
- Man wird doch noch träumen dürfen ...
Wolfgang
Gast
Es bedarf einer gewaltsamen Beseitigung des religiös-feudalen Kastensystems und der allgemeinen Korruption - auf allen Ebenen der indischen Gesellschaft, einer Nationalisierung der (feudalen) Privatvermögen und der Überführung der Produktionsmittel (der privaten Konzerne und Schlüssel-Industrien) in gesellschaftliches Eigentum.
Dr. rer. nat. Harald Wenk
indien hat dier meisten AIDskranken der welt, heisst es. da ham' er den postkolonialismus kinkret. microsoftchef bill gates hat eine AIDS-stiftung. dir herschaft du5fh unzureichrende problkermlösungen ist wiurkoicvh nur wad für "kenner" von herschsftstrukturen, die ach so neutrale "medizin".. dsa indische "sozialsystem" wird schonlkange "geknackt" von allen seiten. dementsprechrnd sieht es auch aus.
Titus Löffler
Gast
Andere Länder, andere Sitten - so what.
Aber euer Kirchenbashing ist echt etwas lächerlich. Auch wenn die kath. Kirche das letzte Urteil kritisierte glaube ich nicht, dass sie irgendeinen Einfluss in Indien darauf hat.
MFG
Titus Löffler
D.J.
Gast
Die Überschrift passt nicht so recht zum Beitrag. Zumindest ist sie missverständlich. Er suggeriert, dass Homophopie (eigentlich ein seltsamer Begriff, sprechen wir besser von Homo-Ablehnung) allein etwas von außen Importiertes sei. Teil einer "Westen-an-allem-schuld"-Ideologie. Gern auch in Zusammenhang mit schwulenfeindlichen Gesetzen in islamischen Ländern behauptet. Dort noch weit unsinniger.
Übrigens hat z.B. auch Äthiopien ähnliche Gesetze (und war von ganz wenigen Jahren abgesehen nie Kolonie).
Jonas
Gast
Die damalige Gerichtsentscheidung wurde vor allem von religiösen Gruppen, darunter die katholische Kirche, kritisiert.
Warum werden nicht der Islam, der Hinduismus und der Buddismus explizit genannt, die auch alle gegen gleichgeschlechtlichen Verkehr sind?
Die einseitige Christenfeindlichkeit hier schreit wirklich zum Himmel.