Haasenburg-Heime in Brandenburg: Kinder raus, zumachen

Nach dem Bericht über Misshandlungen in einem Kinderheim tritt der Leiter der Hamburger Aufsichtskommission für geschlossene Heime zurück.

Die Kinder müssten dort rausgeholt werden, fordern jetzt auch Politiker. Bild: Wolfgang Borrs

BERLIN taz | Nach den Recherchen der taz am Wochenende zu Misshandlungen von Kindern und Jugendlichen in Heimen der Haasenburg GmbH gab es einen ersten Rücktritt. Professor Michael Lindenberg, designierter Vorsitzender einer Hamburger Aufsichtskommission für geschlossene Heime, erklärte nach Lektüre des taz-Berichts, er stehe für diese Aufgabe nicht mehr zur Verfügung.

Eine solche Kommission sei „bestenfalls von Alibi-Nutzen für die Einrichtung selbst, aber kaum für die dort Untergebrachten“, schreibt der Professor der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit.

Die Haasenburg GmbH in Brandenburg nimmt Kinder aus der gesamten Republik auf. Die meisten– derzeit 13 – kommen aus Hamburg. Lindenberg sollte für Hamburg eine Kommission leiten, die das Heim mit kontrolliert. Er hatte im April zugesagt, diese Aufgabe zu übernehmen.

Nachdem die taz über den brutalen Umgang mit Kindern und Jugendlichen in der Haasenburg GmbH berichtet hat, will das Land Brandenburg nun eine Untersuchungskommission einsetzen. Diese soll ihre Arbeit den Angaben zufolge schnellstmöglich aufnehmen.

Nun geht er davon aus, dass die „dortige Praxis kaum durch Besuche der Aufsichtskommission so weit geändert werden kann, dass sie den Ansprüchen für wohl verstandene Kinder- und Jugendhilfe zu entsprechen vermag“.

Wie am Wochenende berichtet, liegen der taz zahlreiche Protokolle vor, die den Alltag in der Brandenburger Heimfirma bis Ende 2010 beschreiben. Die Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren wurden brutal diszipliniert, etwa auf Fixierliegen festgeschnallt. Die Haasenburg GmbH lehnte gegenüber der taz eine Stellungnahme ab.

Torsten Krause, der jugendpolitische Sprecher der Linksfraktion in Brandenburg, sagt: „Wenn sich bewahrheitet, was geschildert wird, ist die Einrichtung zu schließen.“ Von einem Untersuchungsausschuss verspricht sich Krause im Moment keinen Nutzen. „Ich habe keinen Grund, der Regierung und dem Jugendamt zu misstrauen“, sagt er.

Anders sieht es sein Hamburger Parteifreund. Mehmet Yildiz, Sprecher für Kinder, Jugend und Familie der Hamburger Fraktion Die Linke, sagt: „Das, was in Haasenburg geschehen ist, würde in Hamburg zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss führen.“ Ein solches Heim „würde in Hamburg keine Betriebserlaubnis erhalten oder sie würde entzogen werden.“

Hamburgs ehemalige Schulsenatorin Christa Goetsch sagt: „Hamburg muss sofort seine Kinder da rausholen.“ Auch andere Bundesländer, betont Exsenatorin Goetsch, müssten nun entsprechend handeln. „Hier wird Erziehungshilfe zum Verbrechen, zur Misshandlung von Schutzbefohlenen.“

Die Berliner Jugendpolitikerin Marianne Burkert-Eulitz (Grüne) sagte: „Wir müssen erreichen, dass kein Jugendamt mehr ein Kind dahin schickt. Und die, die dort sind, müssen zurück.“

Bremen beendete schon 2010 Zusammenarbeit

Ihre Brandenburger Parteikollegin Marie-Luise von Halem fordert: „Die Behörden müssen unverzüglich dafür sorgen, dass hier Klarheit herrscht, und sicherstellen, dass keine Kindswohlgefährdung besteht.“ Sich alleine darauf zu verlassen, dass ein Mitarbeiter des Jugendamts keine Auffälligkeiten bemerkt habe, reiche nicht aus, sagt von Halem.

Das Land Bremen hatte bereits 2010 entschieden, keine Kinder und Jugendlichen mehr in die Heime der Haasenburg zu schicken.

Seit Sonntag sammelt eine Onlinepetition Unterschriften für eine „sofortige Schließung“ der Heime und fordert „Aufklärung und strafrechtliche Konsequenzen für alle Beteiligten“. 20.000 Unterstützer müssen innerhalb der nächsten 60 Tage unterzeichnen, damit sich der Brandenburger Landtag mit der Petition beschäftigt.

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