Große Koalition in Sachsen: Rente mit 63 – 1.000 Euro mehr

CDU und SPD beschließen trotz heftiger Proteste Aufschläge für Abgeordnete. Der CDU-Fraktionschef sagt: „Wir sind nicht die Deppen der Nation.“

Sachsens CDU-Regierungschef Stanislaw Tillich steht in der Kritik: Sind die Abgeordnetenbezüge zu hoch? Bild: ap

DRESDEN taz | Wann je sind Bodo Finger, Präsident der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft, und die sächsische DGB-Vorsitzende Iris Kloppich mit einem gemeinsamen Kritikpapier vor die Presse getreten?

Empörung über die am Mittwochabend im Sächsischen Landtag von CDU und SPD beschlossene Änderung des Abgeordnetengesetzes vereinte in den Tagen zuvor nicht nur diese Kontrahenten. Auch das Echo in Kommentarspalten, Blogs und bei Spontanumfragen war eindeutig ablehnend.

Die Kritik richtete sich vor allem gegen die geplante Frühverrentung lang gedienter Abgeordneter mit 60 Jahren und gegen die kräftige Erhöhung der Aufwandsentschädigung um 1.000 Euro. Noch in der Nacht vor der Abstimmung hatten deshalb die Koalitionäre einen Kompromissvorschlag ausgebrütet.

Nun sollen Abgeordnete, die mindestens 15 Jahre im Landtag saßen, erst mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Alle anderen Neuregelungen werden beibehalten. Die zu versteuernden Bezüge eines sächsischen Landtagsabgeordneten belaufen sich auf rund 5.000 Euro monatlich, die Pauschale für die politische Arbeit wird auf 4.000 Euro erhöht.

Freie Fahrt nach Berlin

Über die Mitarbeiterpauschale können statt einem jetzt eineinhalb Mitarbeiter von Abgeordneten beschäftigt werden. Neben einer Erhöhung der Budgets für die Büroausstattung und die Besucherarbeit genießen Landtagsmitglieder nun auch freie Fahrt nach Berlin.

Man sei nun einmal in der „sehr unvorteilhaften Lage, selber über die Diäten entscheiden zu müssen“, erklärte CDU-Fraktionschef Frank Kupfer. „Wir sind aber nicht die Deppen der Nation“, fügte er hinzu. „Für die Verantwortung bin ich mir auch wert, ordentliches Geld zu verdienen!“ An der Ablehnung durch einen CDU- und zwei SPD-Abgeordnete, darunter Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange, änderte der späte Kompromiss nichts mehr. Die Opposition votierte geschlossen dagegen.

Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt sieht „Reputation und Vertrauen des Parlaments nachhaltig beschädigt“. Für die Grünen hielt Valentin Lippmann moderate Erhöhungen zwar für angemessen, kritisierte aber den Alleingang von Schwarz-Rot ohne die früher angestrebte Einbeziehung aller Parlamentarier.

AfD-Chefin Frauke Petry fragte nach der undurchschaubaren Berechnungsgrundlage der Pauschalenerhöhung. Aus dem rot-rot-grün-regierten Thüringen kommentierte Linken-Fraktionsvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow die Vergünstigungen als „unerhört“. Man wolle in Thüringen einen ganz anderen Weg gehen, bei dem Abgeordnete auch zu ihrer Altersvorsorge beitragen müssen.

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