Durchsuchung bei European Homecare: Misshandlungen auf Anweisung?
Die Polizei ermittelt gegen den Flüchtlingsheim-Betreiber. Sicherheitskräfte berichten, das Unternehmen habe Strafmaßnahmen gegen Asylbewerber angeordnet.
ESSEN dpa | Ermittler haben nach den mutmaßlichen Übergriffen auf Asylbewerber die Firmenzentrale des Flüchtlingsheim-Betreibers European Homecare in Essen durchsucht. Es sei nach Beweisen im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Misshandlungen in Burbach gesucht worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Siegen, Johannes Daheim, auf Anfrage.
Nicht genannte Sicherheitskräfte hatten zuvor gegenüber dem WDR-Magazin „Westpol“ Vorwürfe gegen European Homecare erhoben und behauptet, das Unternehmen sei über Strafmaßnahmen gegen Flüchtlinge informiert gewesen und habe sie sogar teilweise selbst angeordnet.
Der Geschäftsführer des in die Kritik geratenen Sicherheitsunternehmens SKI, Walter Stilper, äußerte sich ähnlich, ohne dabei das Unternehmen European Homcare zu nennen. Anweisungen von Betreuern hätten in mehreren Situationen Ausschreitungen ausgelöst, sagte er der Nürnberger Zeitung. So sei Moslems im Ramadan verboten worden, nach 22 Uhr zu kochen. In einem Fall sei wegen eines einzigen Störenfrieds angeordnet worden, die Übertragung des Fußball-Länderspiels Deutschland-Algerien in der Unterkunft zu unterbrechen.
Seine Mitarbeiter seien wiederholt angegriffen und schwer verletzt worden. Vonseiten der Behörden seien sie oft alleingelassen worden. So habe sich die Polizei vor zwei Wochen in Burbach trotz mehrerer Anrufe erst nach dem Ende einer Massenschlägerei blicken lassen, bei der drei seiner Mitarbeiter schwere Verletzungen wie Knochenbrüche erlitten hätten.
Die Übergriffe von Wachleuten auf Flüchtlinge machten ihn dennoch „fassungslos“. „Ich schäme mich entsetzlich“, sagte Stilper der Zeitung. So etwas sei zuvor noch nie vorgekommen. Er selbst habe das Betreiben eines Problemzimmers in Burbach verboten, als er davon gehört habe. Außerdem habe er European Homecare davon unterrichtet.
Das Zimmer sei von Sozialarbeitern mit Wissen und Billigung der Heimleitung eingerichtet worden. „Wir hätten dort 14-Jährige einsperren sollen oder auch Frauen – das ist doch vollkommen krank.“ Es habe auch Anweisungen gegeben, mit den Flüchtlingen nicht zu reden.
Leser*innenkommentare
christine rölke-sommer
ob die taz sich wohl endlich mal den einen und anderen vertrag besorgt, um nachzugucken, welche befugnisse betreiberfirmen vom staat (ministerium) übertragen werden?
und dann das kommentariat über den inhalt derartiger verträge informiert - bevor hier weiter darüber spekuliert wird, ob es die kulturelle prägung der insassen sei, welche das polizeiähnliche einschreiten von security-boys zwingend notwendig macht?
im weiteren wäre sicher nicht verkehrt, mal die geschichte dieser betreiberverträge aufzuarbeiten. die sind ja nicht einfach vom himmel gefallen! für Berlin und Brandenburg wäre es doch sicher spannend herauszufinden, ob der traurige ruhm, dumping-betreiber salonfähig gemacht zu haben, Christine Bergmann oder Regine Hildebrandt zukommt oder wem sonst.