Blockade bei Spendenaktion: Paypal sperrt Wikileaks-Konto
Das Bezahlsystem Paypal hatte mitten in der Hochphase einer Spendenaktion das Konto der Datenbank Wikileaks gesperrt – ohne Vorwarnung.
Dem Non-Profit-Archiv für Dokumente, Wikileaks, wurde am Samstag das Konto beim Online-Bezahlsystems Paypal gesperrt. Im Zuge einer Spendenaktion, die den Fortbestand des Projekts finanziell für das kommende Geschäftsjahr sichern soll, ist über zwei Tage lang kein Geldtransfer über das Konto möglich gewesen. Am Montag verkündete Paypal Deutschland auf Nachfrage der taz, dass die Sperre am Nachmittag aufgehoben wurde.
Die deutsche Pressestelle des Unternehmens beruft sich bei der Sperre auf ihr EU-Empfangslimit für Umsätze, bei dem ab einem Umsatz von 2.500 Euro über ein Konto die Verifizierung des Inhabers erfolgen muss. Hierzu wird ab einem Umsatz von 1.800 Euro der Inhaber schriftlich gebeten, spezifische Dokumente zur Identitätsbestätigung an das Unternehmen einzuschicken. Diese lagen nach Paypal Deutschland zum Samstag Morgen nicht vor, an dem das Limit überschritten wurde.
Wikileaks sieht Paypal für die kurzzeitige Sperre in der Schuld. Mitarbeiter Daniel Schmitt bestätigt gegenüber der taz, dass schon in der Vergangenheit trotz fristgerecht eingelieferter Verifizierung ein Konto gesperrt wurde: „Wir hatten im letzten Jahr noch einen eigenen Account und sind in ein ähnliches formales Problem gerannt. Der Account wurde gesperrt, und es hat uns mehr als ein halbes Jahr gekostet, an das Geld zu kommen.“ Als Konsequenz entschloss sich Wikileaks fortan zusammen mit der Wau Holland Stiftung zusammen zu arbeiten, damit ein solches Problem mit Hilfe der anerkannten Stiftung als Partner nicht noch einmal vorkommt.
Erst nachdem sich beim damaligen Vorfall die New York Times sich an Paypal gewandt hat, folgte eine Aufklärung der Sperrung und die Spenden wurden für das Projekt wieder verfügbar – wenn auch mit reichlicher Verspätung gegenüber der eigenen Nachfrage. „Wir hatten gehofft, solche Probleme erledigen sich, wenn wir mit einer anerkannten Stiftung zusammenarbeiten.“, so Schmitt zu den Hoffnungen, die in der Kooperation lagen.
„Die Wau Holland Stiftung muss unheimlich viele Nachweise bei Paypal erbringen, um ein Konto zu bekommen, unter anderem auch Privatrechnungen von Vorstandsmitgliedern.“ Die Nachweise wurden nach Schmitt schon mehrfach bei Paypal eingereicht und der letzte Stand vor zwei Wochen war, dass alles mit dem Konto in Ordnung sei.
Die Folgen der Sperre für Wikileaks sind am Montag noch nicht absehbar: „Die Sperrung des Kontos am Samstag kam vollkommen unerwartet, und mitten in unserem Fundingdrive. Piratebay hatte gerade einige Stunden vorher auf ihrer Homepage begonnen, zu Spenden für uns aufzurufen.“
Für die Finanzierung des laufenden Geschäftsjahrs halten die Entwickler Dokumente auf Wikileaks so lange unter Verschluss, bis der notwendige Betrag von 600.000 US-Dollar für den technischen Support und die in der Vergangenheit anfallenden Kosten zusammen getragen ist. Bislang wurde Wikileaks ausschließlich ehrenamtlich betreut.
Wikileaks hat als Non-profit-Datenbank in Verbindung mit der Veröffentlichung geheimer Dokumente Schlagzeilen gemacht. Im letzten Jahr diente das System zur Veröffentlichung von 573.000 Textnachrichten, die am 11. September 2001 versendet wurden. Ebenso die Publikation von Auszügen des Vertrags der Bundesregierung mit Toll Collect im Zuge der LKW-Maut wären ohne die Plattform vermutlich nicht an die Öffentlichkeit gelangt.
Viele Medien nutzen die anonymisierten Dokumente, um an Material zu gelangen, das durch Lücken in Unternehmen und den Regierungen in die Öffentlichkeit gerät. Auf diesem Wege soll weltweit Ungerechtigkeit offen gelegt und bekämpft werden.
Leser*innenkommentare
Klaus Kullmann
Gast
Mein Amazon Konto hatte ich vorgestern gekündigt, das Paypal Konto soeben geschlossen. Diese Unternehmen genießen nach ihrem Voergehen gegen Wikileaks nicht mehr mein Vertrauen!
Dieter Behnke
Gast
Nur ein interessanter Bericht von vielen über die fragwürdigen Machenschaften bei PayPal sie hier:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1006326/Paypal-Hoher-Preis-fuer-Bequemlichkeit#/beitrag/video/1006326/Paypal-Hoher-Preis-fuer-Bequemlichkeit
Soylent Green is people!
Gast
Paypal gehört JP Morgan. Deren Interesse am Fortbestand Wikileaks' dürfte ziemlich gering sein.
Rod
Gast
Mir ist es bereits selbst so ergangen, dass ich monatelang auf Geld aus einer Ebay-Auktion warten mußte, was über Paypal gezahlt wurde. Paypal hat mir nicht einmal den Zinsverlust ersetzt.
Ich habe mein Paypal-Konto sofort gekündigt und lasse mir das Geld nur noch überweisen.
Kay
Gast
@ paypalgefressenhaber: Das hat leider nichts mit Buerokratie zu tun, das ist volle Absicht um sich an Kundengelder zu bereichern. Mich hat es damals mit 1150 Euro getroffen. Der einzige Weg an sein Geld zu kommen, ist ueber die CSSF.
wauz
Gast
Bargeld lacht!
Es ist an der Zeit, dass fortschrittliche Organisationen wieder zur "politischen Kassierung" zurückkehren, die über Vertrauensleute läuft. Wenn eine Sache wirklich wichtig ist, braucht sie auch keine Spendenbescheinigung für's Finanzamt. Man kann solche Aktionen mit Spendenmarken oder -aktien regeln.
Mathilda
Gast
wofür benötige ich den bei einer spende die "scannende supermaschiene" paypal? geht es nicht via direktüberweisung auf das konto? und überhaupt - wo bekomme ich die kontonummer her - höre das zum ersten mal aber finde das eine sehr gute idee!
paypalgefressenhaber
Gast
paypal ist ein Bürokratiemonster. Die machen das nicht mit böser Absicht, sondern weil die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Dazu kommt die Arroganz von US-Großfirmen und die 1:1 aus USA/GB-usus übersetzten Regelungen, bspw. statt Personalausweis eine Kopie der letzten Gasrechnung zu verlangen. Jeder ebay-Händler kann davon ein Lied singen. Heftig wirds, wenn die dir "zu deiner Sicherheit" für ein paar Wochen ein paar Tausend Euro sperren.
Tom
Gast
Ha! Unglaublich. Naja, hat mich nicht daran gehindert eben 10€ per Überweisung zu spenden. Ist ein gutes Proekt, Leute, gerade in diesen Zeiten!
alfred bühse
Gast
dass man paypal nicht vertrauen kann hat man bei wikileaks vermutlich schon vorher gewusst...
Kay
Gast
Die willkuerlichen Kontosperrungen haben bei Paypal System. Paypal unterschlaegt jeden Tag Tausende von Euros an Kundengelder und das mit voller Absicht. Man kann so viele Dokumente an Paypal schicken wie man will, es ist zwecklos. Das einzige was hilft ist eine Beschwerde an die Aufsichtsbehoerde in Luxemburg, das ist die CSSF (http://www.cssf.lu/)Nach ca. 3-6 Wochen hat man dann sein Geld wieder. Wer googled wird hunderte von Faellen finden wo Paypal willkuerlich Konten gesperrt hat. Mir ist das auch passiert und ich kann alle nur vor dieser unserioesen Firma warnen.
uwe wrenger
Gast
falls sich so etwas wiederholen sollte, werde ich mein paypal-konto kündigen. mal sehen, was passiert, wenn viele mitmachen.
so nicht, pay pal!