Astrid Grotelüschen: Putenministerin unter Druck
Astrid Grotelüschen ist Landwirtschaftsministerin in Niedersachsen. Davor war sie Geschäftsführerin der Mastputen-Brüterei Ahlhorn. Ihre Kritiker sagen: Sie soll zurücktreten.
Ausgerechnet mit einer Pute als Maskottchen zog Astrid Grotelüschen in den vergangenen Bundestagswahlkampf. "Siegurt" nannte die damalige Geflügelunternehmerin und jetzige Agrarministerin Niedersachsens das Stofftierchen. Tatsächlich heimste sie einen Sieg für die CDU ein. Kritiker wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft hätten den Namen "Qualfried" passender gefunden. Schließlich seien Puten überzüchtet, ihre Leiber nähmen so rasant und stark zu, dass sie ständig Schmerzen erlitten.
Aber das sieht Grotelüschen anders. Immerhin lebte sie bis zu ihrer Ernennung zur unter anderem für den Tierschutz zuständigen Ministerin Ende April auch von der Putenhaltung: Sie war Geschäftsführerin der Mastputen-Brüterei Ahlhorn, die nach eigenen Angaben die Nummer zwei unter den Putenküken-Lieferanten in Deutschland ist und fünf Millionen Tiere pro Jahr "produziert". Ihr Mann führt den Betrieb jetzt allein.
Ihren Gegnern ist das dennoch zu viel Nähe einer Landwirtschaftsministerin zur Putenindustrie. Denn auch im Amt setzt sich die diplomierte Ernährungswissenschaftlerin klar für die Massentierhaltung ein, zum Beispiel für den Bau von Europas größtem Geflügelschlachthof in Wietze bei Celle.
Die Linke und die Tierrechtsorganisation Peta fordern nun, dass die 45-Jährige zurücktritt. Die Mastputen-Brüterei Ahlhorn profitiere finanziell von der tierquälerischen Haltung in zwei Farmen einer Erzeugergemeinschaft in Mecklenburg-Vorpommern, so der Vorwurf. Als Beleg zeigte Peta Bilder unter anderem von qualvoll sterbenden Puten mit offenen Wunden. Die Grotelüschensche Firma ist Gesellschafter der beschuldigten Putenerzeugergemeinschaft.
Grotelüschens Ministerium bezweifelt aber, dass die brutalen Bilder wirklich aus den Betrieben stammen. Peta antwortet darauf, dass die Kamera bei dem Gang durch die Unternehmen ununterbrochen gelaufen sei, also zu erkennen sei, woher die Bilder kämen.
Egal wie stichhaltig die Vorwürfe sind - sie haben Grotelüschen unter Druck gesetzt. Am Freitag muss sie sich im Agrarausschuss des Landtags in Hannover verteidigen.
Leser*innenkommentare
Annemarie Trabelsi
Gast
Die CDU geht einen winzigen Schritt in die richtige Richtung...
Der Rücktritt der Dame war längst überfällig, um dieser Partei wenigstens wieder einen Hauch von Glaubwürdigkeit zu verleihen..
Vielleicht ein Denkanstoß für alle Parteien, die Rechte der Tiere und den Willen des Volkes zu respektieren.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Fröhliche Weihnachten!
Dietmar Hase
Gast
Es ist ja schön, daß es Sendungen wie Panorama gibt.
Es wurde mal wieder eine große Politsauerei aufgedeckt. Meine Meinung wurde hier mal wieder
bestätigt, alle Politiker sind korrupt von Gier besessen, an der sie hoffentlich mal ersticken werden.
Ich kann nur hoffen, daß die Staatsanwaltschaft
solchen Leuten wie den Grotebüschels das Handwerk legt und sie wegsperrt.
Tingler
Gast
Wie seltsam. Bei der Kirche können Mitarbeiter die in der Öffentlichkeit die Kirche repäsentieren entlassen werden wenn sich der Ehepartner durch einen Austritt vom Glauben abwendet, sprich anderer Meinung ist.
Da ist es legitim, aber bei solch einem Amt nicht? So verlogen ist Politik.
Pia Kaldenbach
Gast
Wie in der Massentierhaltung mit den "Nutztieren" umgegangen wird, ist ein Verbrechen - ethisch absolut verwerflich und ökokologisch eine Katastrophe. Alle die von dieser Tierhaltung profitieren und sie unterstützen, halte ich für skrupellos. In diesem Zusammenhang empfinde ich für eine Politikerin wie Frau Grotelüschen, die eigentlich Vorbildfunktion haben sollte, tiefe Verachtung. Und ich wundere gleichzeitig, wie solche politischen Entscheidungen zustande kommen. Und welche Wertvorstellungen hat Herr Wulff, unser Bundespräsident(wer wollte ihn eigentlich in diesem Amt - außer Frau Merkel?), eine Frau mit dieser Historie als Landwirtschaftsministerin zu bestellen?
Es gibt schon gute Gründe, kein CDU-Mitglied mehr zu sein ...
Antonietta
Gast
Größer - schneller - billiger:
Unter diesem Motto der Agrarindustrie leiden heute rund 150 Mill. Nutztiere in deutschen Ställen. Ob Schwein, Rind, oder Legehenne, ob Pute, Kaninchen oder Ente - sie werden verstümmelt, in enge Ställe oder Käfige gepfercht und mit Medikamenten vollgepumpt. Auf der Strecke bleiben nicht nur das Wohl der Tiere und ihre artgemäße Haltung, sondern auch Qualität, Geschmack und die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Produkte.
Sim
Gast
Wer schon einmal versucht hat Puten zu halten, wir schnell feststellen, dass diese Hochleistungszüchtung ohne Antibiotika gar nicht durchzukriegen sind. Guten Appetit!
L.A.WOMAN
Gast
Dieser Skandal schafft es gerade noch, bis heute Mittag
auf der ersten Seite von taz und Spon zu bleiben,
dann ist der Bericht verschwunden.
Sehr auffallend, die Kommentare hier nach 15 Uhr vom
12.08.10 sind somit auch nicht mehr wahrnehmbar
für den Großteil der Leser, die sowieso nur die 1. Seite
wahrnehmen.
Merkwürdigerweise sind meine beiden Kommentare ab 15 Uhr zu einem
1. Seite Thema aber nicht erschienen.
Das riecht nach Weisungen.
Teufelsabbiss
Gast
Wir haben hier längst die Berlusconisierung der Politik, wie man an die dieser "Dame" sieht.
Scheinheilig bis dort hinaus: Erst streichelt sie "zärtlich" die Küken, denen danach brutal die Schnäbel kupiert werden und dann werden sie zu siechen Fleischlieferanten turbo-gemästet.
Zum Ko...., diese ganze Fleisch-Mafia.
Antonietta
Gast
In der modernen Putenmast leben die Tiere monatelang in dermaßen überfüllten Ställen, dass ein Flügelschlagen oder Beinestrecken nahezu unmöglich ist. Sie stehen in ihrem eigenen Kot und die Urin- und Ammoniakdämpfe verätzen ihnen die Augen und Lungen. Millionen Puten überleben schon die ersten Wochen nicht.
Jedes Jahr werden hunderttausende Menschen krank und Tausende sterben, weil sie verseuchtes Fleisch gegessen haben. Untersuchungen ergeben, dass nicht weniger als 90% des Geflügels im Supermarkt mit Salmonellen, Campylobacter oder anderen Bakterien verseucht sind. Putenfleisch enthält weder Ballaststoffe noch Kohlenhydrate, statt dessen jede Menge Fett und Cholesterin.
Teufels Geist
Gast
Zur Verdeutlichung hier noch mal ein paar amtliche Zahlen zum geplanten Geflügelschlachthof in Wietze:
27000 Hähnchen pro Std
2,59 Millionen Hähnchen pro Woche
120 Millionen Hähnchen pro Jahr
Und das ist nur ein einziger Schlachthof. Wenn auch der größte. Trotzdem voll krass und irre.
zZony
Gast
Fr. Groteslüschen unterstützt Tierquälerei (=Massentierhaltung), sie ist unglaubwürdig und sollte freiwillig zurücktreten um es nicht noch peinlicher zu machen!
Pater Brown
Gast
Früher - sehr viel früher - hatten Politiker manchmal noch etwas wie Anstand. Bevor man öffentlich im Fernsehen log, trat man lieber vorsorglich zurück - um dem Amt nicht zu schaden. Heute ist das Amt verkommen zu einem Machtinstrument für Eigeninteressen. Diese Frau streichelt medienwirksam kleine Putenküken, liefert sie anschließend an die Mäster zur Qualmast aus und verdient an dem Ganzen zweimal bombig. Das ist widerlich. Und Herr Wulff, der neue Pate in Berlin, hat diese Frau, die sich sogar als sie schon Ministerin war, kokett in der NWZ selbst als "Puten-Queen" bezeichnet hat, ins Amt gehievt. Das sind mafiöse Verhältnisse. Diese Frau muss nicht nur weg, sondern sie muss auch wegen Tierquälerei strafrechtlich belangt werden.
Otto
Gast
Der Sumpf der CDU und das Erbe unseres lieben Bundespräsidenten lässt grüßen!
Doktor B.
Gast
Grotelüschen als Tierschutzministerin: Das ist ja so, als ob man Nordkoreas Diktator Kim-Jong-Il zum UNO-Menschenrechtskommissar ernennen würde. Und dann ist diese antisoziale Frau auch noch in der Partei mit dem "C" vorneweg. Der Bigotterie sind hier offensichtlich keine Grenzen gesetzt; und der Skandal der verbrecherischen Massentierhaltung kann ungehindert weiter und weiter andauern...
Sopshe
Gast
Was mich wirklich stutzig macht, ist die Tatsache, dass bei solchen Geschichten nicht gleich generell mal solche unmöglichen Verflechtungen angeprangert werden. Landwirtschaftsminister Uhlenberg (CDU) war z.B. im Vorstand der Westfleisch-Finanz. Außerdem in einen Schweinemastskandal verwickelt. Alles schon vergessen? Ach ja mit dem WDR ist Uhlenberg auch verknüpft - kein Wunder, dass man ihm auch beim Rotfunk keine bedrängenden Fragen stellte. Eine Fallübergreifende Recherche wäre hiermal angebracht. Die Verquickung Veterinär/Fleischbusiness/Politik ist nicht so selten.
Daher haben Tierrechte in diesem Land auch keine Schnitte. Mahlzeit!