Gedenken 9. Mai: Auch die Rocker waren wieder da

Hunderte kamen in Berlin zum Gedenken an den Sowjetischen Ehrenmalen anlässlich des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 79 Jahren. Georgsbänder beschlagnahmt.

Am Ehrenmal im Tiergarten. Aktivisten, die am 9. Mai die ukrainische Flagge zeigten, wurden beschimpft

Am Ehrenmal im Tiergarten. Aktivisten, die am 9. Mai die ukrainische Flagge zeigten, wurden beschimpft Foto: Toni Petraschk

BERLIN taz | Vor dem Eingang zum Sowjetischen Ehrenmal am Treptower Park hat sich eine lange Schlange gebildet. Es ist Donnerstagmittag. Die Leute warten, weil die Polizei alle Besucher nach Symbolen kontrolliert, die geeignet sind, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu verherrlichen. Russische Fahnen und Georgsbänder etwa sind am 8. und 9. Mai an diesem Gedenkort verboten.

Bei den Vorkontrollen sortiert die Polizei in großer Zahl Georgsbänder aus

In der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht.

Wegen des Feiertags und des schönen Wetters sind diesmal besonders viele Menschen zu den Gräberfeldern im Treptower Park gepilgert. Viele russischsprachige Familien sind darunter, aber auch zahlreiche ältere Ehepaare ohne Wurzeln in den GUS-Staaten, wie Nachfolgestaaten der UdSSR auch heißen. Viele haben Blumen mitgebracht.

Bei den Kontrollen sortiert die Polizei in großer Zahl Georgsbänder aus. Das schwarz-orangene Bändchen geht auf eine russische militärische Auszeichnung im Zarenreich zurück, ist aber seit etwa zehn Jahren auch ein Zeichen der Unterstützung der Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Ein Polizist macht einem Mann klar, dass er mit seiner Hose nicht zum Ehrenmal gehen darf. Auf dieser befinden sich Aufnäher mit der russischen Fahne. „Hier herrscht keine Meinungsfreiheit mehr“, regen sich Menschen in der Schlange auf.

Botschafter kommt durch Seiteneingang

Russlands Botschafter Sergei Netschajew hatte bereits am Vormittag im Beisein von rund 250 Personen, darunter viele russisch-orthodoxe Geistliche, einen Kranz niedergelegt. Die Gruppe hatte einen Seiteneingang genutzt und deshalb nicht das Transparent mit der Forderung „Russische Soldaten raus aus der Ukraine“ passiert. Im Park sind zahlreiche Infostände aufgebaut. Die Kleinstpartei DKP, die russische Volkslieder spielt, fordert zum Beispiel Deutschlands Austritt aus der Nato.

Die oppositionelle russische Gruppe „Demokratie ja“ zeigt eine Ausstellung, die sowohl die Verbrechen Hitler-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg thematisiert als auch stalinistische Verbrechen. Zu lesen ist, dass 6 bis 15 Millionen Menschen allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit im und nach dem Zweiten Weltkrieg in unwirtliche Gebiete verbannt oder in Gulags gesteckt wurden, Russlanddeutsche etwa, Esten, Letten, Litauer, Krimtataren, Finnen und Tschetschenen. Viele kamen dort um.

„Diese Geschichte ist in Russland nicht aufgearbeitet, das begünstigt die Kontinuität von Gewalt“, sagt Kirill Tsimkarzhenski von „Demokratie ja“ der taz. Die Aktivisten, die auch eine ukrainische Fahne sowie die Fahnen der russischen und belarussischen Oppositionsbewegungen zeigen, werden von vielen Vorbeikommenden als Faschisten beschimpft. Einzelne Passanten fordern von der Polizei sogar die „Faschisten“ wegzuscheuchen.

Am frühen Nachmittag trafen Mitglieder der Rockergruppe „Nachtwölfe“ am Ehrenmal im Tiergarten ein. Die russische Rockerformation mit Ablegern in zahlreichen Staaten gilt als Unterstützer des russischen Präsidenten und der prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Die Polizei zählte 87 Motorräder plus Begleitfahrzeuge. Danach machte sich der Corso auf den Weg zum Treptower Park.

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