Antisemitismusvorwurf gegen Polizei: „Ziemlich offensichtlicher Jude“

Ein Polizist drängt bei einer pro-palästinensischen Kundgebung einen jüdischen Gegendemonstranten ab. Das stößt auf Empörung.

Polizist spricht mit Mann

Die Konfrontation zwischen einem Londoner Polizisten und Gideon Falter Foto: Twitter Campaign Against Antisemitism

LONDON taz | „Am letzten Wochenende, wie an den meisten Samstagen, besuchte ich meine Synagoge und ging danach spazieren“, beginnt Gideon Falter, Geschäftsführer der britischen Campaign Against Antisemitism (CAA) seine Erzählung von dem, was ihm am letzten jüdischen Schabbat in London zugestoßen ist, als er mit fünf anderen eine Kippa tragend durch die Innenstadt ging.

Als er in die Nähe einer propalästinensischen Samstagsdemonstration gekommen sei, habe er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter gespürt. Es war die eines Polizeibeamten. Der habe ihm mit der Begründung „Sie sind ziemlich offensichtlich Jude“ gesagt, man würde ihn wegbegleiten, da dies ein propalästinensischer Marsch sei. Die Szene ist in einem Video nachzuverfolgen, welches CAA in sozialen Medien veröffentlicht hat.

Die CAA berichtet seit den ersten propalästinensischen Protesten nach dem 7. Oktober 2023 von diesen und macht Woche für Woche Slogans, Banner und Meinungsäußerungen sichtbar, die klar antisemitischen Hass und Vorurteile gegen jüdische Menschen unter einigen Teil­neh­me­r:in­nen darlegen. Genauso alt ist die Debatte, inwiefern diese Meinungen die Mehrheit auf den Demos darstellt.

Die Anwesenheit von sich offen als Jüdinnen und Juden identifizierenden Personen wird nicht als Provokation gesehen, wie die häufige und offene Beteiligung von Personen aus dem hartlinken antizionistischen jüdischen Rand beweist.

Londons Polizei glaubt zumindest bisher immer, dass sie die Demonstrationen zu gewähren habe. Personen, die Gegenmeinungen zeigten – etwa Plakate, welche die Freilassung der israelischen Geiseln forderten oder die Hamas eine terroristische Organisation nannten – wurden gelegentlich von der Polizei zur angeblichen Deeskalation weggeführt.

„Ich trug eine Kippa“

Falter glaubt, dass die Polizei diesmal seine Anwesenheit als Jude allein als Gefährdung eines friedlichen Ablaufs der Demo betrachtete. „Ich war so wie alle Londoner:innen, bis auf die Tatsache, dass ich eine Kippa trug.“ Während er zurechtgewiesen wurde, seien Menschen an ihm vorbeigegangen, die ihn als Abschaum verachteten. „Niemand wies diese Leute zurecht“ beschwert er sich.

Falter fordert den Rücktritt des Londoner Polizeichefs Mark Rowley. Unterstützt wird er vom rechten Flügel der regierenden Konservativen. Rowley entschuldigte sich am Samstag. „Rasse“ oder Religion dürfe nicht als Provokation angesehen werden, heißt es aus dem Innenministerium.

Offiziell macht die Regierung Londons Bürgermeister Sadiq Khan (Labour) verantwortlich. Am 2. Mai ist Bürgermeisterwahl.

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