Aschermittwoch von Linke und BSW: Zwei Arten von Ampel-Bashing

Wagenknecht liefert sich ein Duell mit Linken-Chefin Wissler. Beide gehen die Regierung hart an, setzen aber unterschiedliche Akzente.

Sahra Wagenknecht bei einer Veranstaltung.

Sahra Wagenknecht beim Politischen Aschermittwoch in Passau Foto: Wolfgang Rattay/reuters

PASSAU taz | Von einem Fernduell kann man nicht sprechen. Sahra Wagenknecht tritt zum Aschermittwoch vormittags in Passau im Gasthaus Öller auf. Ihre ehemalige Partei, die Linke, lädt zeitgleich ins 6,4 Kilometer entfernte Gasthaus Knott im nördlichen Passauer Land. Beide halten sich an die bayerische Leitkultur, werden also jeweils von einer zünftigen Blaskapelle eröffnet, und schon vormittags fließt das Weizenbier. Beide Säle sind gut gefüllt. Der Saal von Wagenknecht ist aber etwas größer, und es sind auch mehr Kameras da. Dafür legt Wissler rund zwanzig Minuten vor Wagenknecht los.

Beide greifen in ihren Reden die rot-grün-gelbe Regierung heftig an, setzen aber etwas andere Akzente. Beispiel Verkehrspolitik: Wagenknecht klagt über kaputte Straßen und das drohende Aus für das Verbrennerauto. Wissler empört sich über die ausbleibende Verkehrswende zugunsten von Bus und Bahn. FDP-Verkehrsminister Volker Wissing betrachte Verkehrspolitik „konsequent aus dem Blickwinkel der Windschutzscheibe eines SUV“, wettert Wissler, er sei ein „Totalausfall“. Wagenknecht hingegen lobt die FDP zumindest dafür, dass sie das Heizungsgesetz von Robert Habeck verhindert habe.

Die Linken-Vorsitzende Wissler teilt kräftig aus, mitunter auch recht derbe. „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen und die Ampel macht es genauso“, ruft sie in den Saal. Wagenknecht setzt aber mühelos einen drauf. Die Ampel sei nicht nur die „dümmste“, sondern auch noch die „gefährlichste Regierung Europas“, poltert sie, und geizt auch sonst nicht mit Superlativen: „Was für ein Schwachsinn“, „der pure Wahnsinn“, „Irrsinn“, „völlig undurchdacht“ und ähnliche Aussagen zur Politik der Ampel.

Schnittmengen zwischen Wissler und Wagenknecht gibt es auch in Sachen Friedenspolitik. Doch auch da unterscheidet sich der Ton. „Statt über neue Atomwaffen zu diskutieren, sollte Deutschland endlich den Atomwaffenverbotsvertrag unterschreiben“, fordert Wissler. Die Linke sei „die konsequente Friedenspartei“. Wagenknecht reklamiert das allerdings für sich und arbeitet sich wieder genüsslich an der Ampel ab. Den Grünen wirft sie vor, ihre Werte an die Rüstungsindustrie verkauft zu haben. Und: Deutschland dürfe sich nicht zum „Erfüllungsgehilfen“ der USA machen und sich „alles bieten lassen“.

Wagenknecht mit viel Sympathie für Bauern

Vor ihr hatte schon Klaus Ernst „Panzer-Toni“, „Haubitzen-Agnes“ und dem SPD-Mann Michael Roth vorgeworfen, sie hätten keine Skrupel, „einen dritten Weltkrieg auszulösen. Wagenknecht nennt die FDP-Frau „Agnes Strack-Rheinmetall“ und schlägt vor, sie solle mit Hofreiter, Roth und Kiesewetter von der CDU ein Ehrenbataillon bilden, das Deutschland an Stelle von Waffen in alle Welt exportieren könne. Wozu sachlich, wenn es auch persönlich geht?

Ausführlich prangert Wagenknecht an, dass Deutschland kein Gas und Öl mehr aus Russland bezieht: Das wäre nicht in deutschem Interesse. Wissler konzentriert sich mehr auf soziale Fragen und fordert die Enteignung der großen Immobilienkonzerne, „damit sie nicht mehr die Mieter durch immer höhere Mieten enteignen“. Auch solidarisiert sie sich mit den Gewerkschaften, verurteilt die Angriffe auf das Streikrecht. Wagenknecht bricht stattdessen eine Lanze für die mittelständischen Unternehmen und die Bauern in Deutschland.

Die großen Proteste gegen AfD & Co begrüßt Wissler ausdrücklich. „Dass so viele Menschen auf die Straße gehen gegen rechts“ sei wichtig. „Das ist die Brandmauer“. Wagenknecht geht erst am Ende ganz kurz darauf ein. Statt „abstrakt gegen Rechtsextremismus“ sollte lieber „für bessere Löhne, für ordentliche Renten und eine Regierung, die ihren Job macht“ demons­triert werden, meint sie distanziert. Mehr Sympathien zeigt sie für die Proteste der Bauern gegen das „abgehobene Berlin“.

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