Die Berliner CDU hat eine neue Idee: Heureka! Hochhäuser!

Nach der Klausur in Warschau fordert CDU-Fraktionschef Dirk Stettner mehr Hochhäuser für den Wohnungsbau. Doch das ist schwieriger als er denkt.

Skyline von Warschau

Förderlich für gedankliche Höhenflüge: Skyline von Warschau Foto: Uwe Rada

Natürlich ist so ein Blick aussichtsreich. Wer auf dem Dach eines Hochhauses steht, sieht eine andere Stadt als beim Gucken aus dem Hochparterre. In die Ferne geht der Blick, und manchmal erscheinen die Dinge von oben betrachtet auch einfacher als dort, wo von den Mühen der Ebene die Rede ist.

Dirk Stettner scheint grade oft auf dem Dach eines Hochhauses zu stehen. Und beim Blick herab auf die Stadt kommen dem Fraktionschef der CDU offenbar allerlei Ideen. Warum nicht das Tempelhofer Feld bebauen? Oder die Magnetschwebebahn wieder aus der Kiste zaubern? Was kommt da noch? Die Öffnung des Brandenburger Tors für den Autoverkehr? Formel-1-Rennen auf der Avus oder auf der Havelchaussee?

Seine jüngste Idee hat Dirk Stettner in Warschau verkündet. Gut möglich, dass er hoch oben auf dem Dach des Kulturpalastes die Skyline der polnischen Hauptstadt vor Augen hatte, die mehr an Manhattan erinnert als an Berlin. Hochhäuser! Heureka!

„Knapper Baugrund, hohe Versiegelung, Berlin braucht Wohnungen, Schulen, Kitas, Gewerbe – das spricht klar für attraktiv gestaltete richtige Hochhäuer“, so jedenfalls kommentierte Stettner die Ergebnisse der CDU-Fraktionsklausur in Warschau. „Berlin sollte an einigen Stellen eine deutlich höhere Skyline mit prägenden Wolkenkratzern haben.“ Man müsse unbedingt in die Höhe planen, um Freiräume besser schützen zu können.

Abgesehen davon, dass Freiräume nicht nur geschützt, sondern auch durch weniger Autos auf den Straßen neu geschaffen werden können, liegt Stettner auch bei den Hochhäusern nicht ganz richtig. Denn für den sozialen Wohnungsbau, den der Fraktionschef im Gespräch mit dem RBB ins Spiel brachte, sind Wohnhochhäuser definitiv nicht geeignet.

Ab 60 Meter richtig teuer

Der Grund ist ganz einfach. Ab einer Höhe von 60 Metern braucht ein Gebäude ein zweites Treppenhaus. Das kostet freilich Fläche und erhöht nicht nur die Baukosten, sondern auch die spätere Miete. Deshalb werden Wohnhochhäuser derzeit meist nur im Luxussegment gebaut.

Auf das zweite Problem haben die Grünen hingewiesen. „Der CDU-Hochhausring“, warnte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Fraktion, Julian Schwarze, werde „vor allem die schon jetzt viel zu hohen Bodenpreise in immer weitere Höhen treiben“. Es sei auffällig, „dass die CDU nicht sagt, ob und wie sie die massiven Bodenwertsteigerungen abschöpfen will“.

Vom RBB darauf angesprochen, wiegelte Stettner ab. „Wir sollten aufhören, uns ständig über alles Sorgen zu machen“, sagte er. Vielmehr müsse man ins „Machen kommen“. „Wie soll denn Entwicklung stattfinden, wenn wir keine konkreten Standorte nennen?“

Keine Standorte nennt bislang das Hochhausleitbild, das Rot-Rot-Grün 2020 verabschiedet hatte. Die damalige Senatsbaudirektorin Regula Lüscher wusste genau, wie sich Grundstückseigentümer die Hände reiben, wenn einmal ein Hochhausstandort festgelegt ist.

Vom Dach eines Hochhauses betrachtet sind Diskussionen wie diese freilich nur lästiges Genörgel. Mag der Blick von oben auch ausichtsreich sein. Das, was man sich da in schwindelnder Höhe ausdenkt, muss es nicht unbedingt sein.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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