CDU beendet Schwarz-Grün in Hessen: Eine Entscheidung mit Fliehkraft

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein will nicht mehr mit den Grünen regieren. Das bedeutet nichts Gutes für die Berliner Ampelkoalition.

Nancy Faeser freut sich zusammen mit Boris Rhein

Ein glückliches Paar für sanfte Veränderung Foto: imago

Der Paukenschlag, mit dem der hessische Ministerpräsident und CDU-Landeschef den grünen Partner in die Opposition schickt, dürfte auch die Ampel­koalitionäre in Berlin aufschrecken lassen. Nach zehn Jahren Zusammenarbeit in der ersten schwarz-grünen Regierungskoalition in einem Flächenland setzt Boris Rhein seinem grünen Koalitionspartner den Stuhl vor die Tür.

Tarek Al-Wazir, der grüne Ministerpräsidentenkandidat, der Rhein im Wahlkampf die Wiesbadener Staatskanzlei streitig machen wollte, wird im Landtag auf die Oppositionsbank wechseln müssen. Rhein verspricht eine Koalition der Mitte, „sanfte Veränderung mit und nicht gegen die Menschen“. CDU und SPD setzten dabei auf Anreize, nicht auf Verbote, sagt Rhein. Das klingt nach dem Grünen-Bashing von Parteichef Merz. Auch wenn Rhein das Gegenteil beteuert, er hat sich gegen die Grünen und nicht so sehr für die SPD entschieden.

Die von Friedrich Merz, AfD und Teilen der FDP befeuerte Kampagne gegen die vermeintliche Verbotspartei trifft so ausgerechnet einen Grünen-Landesverband, in dem Realos das Sagen haben. Loyal bis zur Selbstverleugnung verteidigten grüne InnenpolitikerInnen bis zuletzt die Versäumnisse und Ungeschicklichkeiten von CDU-Landesinnenminister Peter Beuth nach den rechtsextremistischen Morden von Hanau und im Umgang mit den rechten Umtrieben in der hessischen Polizei.

Zum Verhängnis wurde den hessischen Grünen nicht so sehr ihre landespolitische Bilanz als vielmehr der Absturz der Partei in der öffentlichen Meinung nach dem völlig verunglückten Entwurf für ein Heizungsgesetz in diesem Jahr aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Habeck.

Wirkt auf die Bundesregierung

Rhein setzt nun trotz ihrer Wahlschlappe auf die SPD als Juniorpartner. Den Ausschlag für seine Entscheidung gab die Einschätzung, dass seine Partei und die SPD in Sicherheitsfragen und in der Politik der Abschottung gegen Migration näher beieinanderliegen.

Das muss Auswirkungen auch auf das Binnenverhältnis der Berliner Ampelregierung haben. Dort liegen die Nerven ohnehin blank. An der nordhessischen FDP-Basis haben Mitglieder eine Unterschriftenaktion gestartet, die den Ausstieg der Liberalen aus der Bundesregierung fordern. Wenn sich jetzt in Hessen die beiden anderen Partner der Berliner Ampel gegeneinander ausspielen lassen, wird das weitere Fliehkräfte freisetzen.

Die CDU-Landeschefs in Berlin und in Hessen treten für eine Zusammenarbeit mit der SPD ein. Auch die selbstbewussten Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein halten wohl erkennbar wenig vom Merz-Kurs der Fundamentalopposition. Der Schwelbrand in der Berliner Ampel wird sich dadurch noch weiter ausbreiten.

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seit 2016 taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Davor u.a. Moderator, Reporter und CvD bei SWF3 sowie Programmdirektor von radioffn, 15 Jahre lang Landtagskorrespondent für den Hörfunk von hr und ARD, gleichzeitig Autor für den Tagesspiegel 1980 Dipl.Soz. und Wiss. Mitarbeiter Goethe Uni Frankfurt

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