Emissionen des Militärs: Aufrüstung treibt Klimakrise an

Erstmals zeigt eine Studie, was das 2-Prozent-Ziel der Nato-Staaten ökologisch bedeutet. Das passt nicht zu den Klimazielen, mahnen Aktivist:innen.

Niederländischer Kampfjet bei einer Nato-Übung im Oktober auf der Airbase in Leeuwarden Foto: ANP/imago

BERLIN taz | Aufrüstung treibt die Klimakrise an: Wie viel genau, das hat eine Studie, die am Dienstagnachmittag erschienen ist, erstmals für die 31 Staaten des Militärbündnisses Nato beziffert. Im Jahr 2021 haben die Nato-Staaten demnach allein durch ihre Armeen und deren Infrastruktur fast 200 Millionen Tonnen CO2-Emissionen produziert. Das ist mehr als ein Viertel dessen, was ganz Deutschland im vergangenen Jahr insgesamt an Treibhausgasen ausgestoßen hat.

Rüsten diese Länder nun weiter auf, steigert sich auch der Klimaeffekt. Das zeigt sich dem Bericht nach auch schon. Den CO2-Ausstoß, den das Nato-Militär im laufenden Jahr verursacht, schätzen die Au­to­r:in­nen auf 226 Millionen Tonnen. Das heißt: Wären die Armeen der Nato ein eigenes Land, hätte es im internationalen Vergleich einen beachtlichen CO2-Ausstoß – es läge im vorderen Viertel der fast 200 Staaten, nämlich auf Platz 40.

Die Studie mit dem Titel „Climate Crossfire“ (zu deutsch „Klima-Kreuzfeuer“) stammt von einem Bündnis mehrerer internationaler Organisationen, darunter der Thinktank Transnational Institute, die niederländische Gruppe Stop Wapenhandel, Tipping Point North South aus Großbritannien und das spanische Centre Delàs. Aus Deutschland zählen die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) zu den Mitherausgeber:innen.

Bis Ende des Jahrzehnts könnten die ­Militär-Emissionen der Nato noch deutlich steigen, warnen die Autor:innen. Wird wie geplant aufgerüstet, dürften sie der Studie nach dann bei fast 300 Millionen Tonnen pro Jahr liegen.

Wenig internationale Daten

Die Datenlage über die Klimabilanz von Krieg und Militär ist dünn. Unter dem Kyoto-Protokoll, dem internationalen Klimavertrag vor dem Paris-Abkommen, mussten die Staaten die entsprechenden Emissionen ausdrücklich nicht angeben. Die Angst: Ansonsten wären vielleicht Rückschlüsse möglich, auf Truppengrößen vielleicht oder auf die Fuhrparks – ein potenzieller strategischer Nachteil.

Unter dem Paris-Abkommen legen nun manche Länder offen, wie klimaschädlich ihre Armeen sind, andere nicht. Aufgrund der schlechten Datenlage mussten die Au­to­r:in­nen der aktuellen Studie die Emissionsmengen deshalb an vielen Stellen abschätzen, etwa auf Grundlage von Statistiken zu Budgets und Ausgaben.

Deutschland meldet militärische Emissionen – aber nur solche, die auf deutschem Boden anfallen. Das dürfte ein Grund dafür sein, warum die aktuelle Studie die fraglichen Emissionen mit rund 10 Millionen Tonnen deutlich höher einschätzt als die Bundesregierung selbst, nämlich etwa doppelt so hoch. Für das Jahr 2028 erwarten die Au­to­r:in­nen eine Steigerung auf 15 Millionen Tonnen.

„Die Aufrüstung auf mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steht in einem massiven Widerspruch zu dem eigenen Klimaziel, bis 2030 65 Prozent weniger CO2 auszustoßen“, kritisierte Angelika Claußen, Vorsitzende der IPPNW, am Dienstag. „Der aktuelle Bundeshaushalt sieht Kürzungen in allen Ressorts vor, nur nicht im Etat des Verteidigungsministeriums. Von den steigenden Ausgaben profitierten ausschließlich Rüstungsunternehmen.“

Generell ist Deutschland nicht auf einem guten Weg, sein Klimaziel für 2030 zu erreichen. Das hat beispielsweise der Expertenrat für Klimafragen schon angemahnt, der die Bundesregierung berät. Auch das Umweltbundesamt war in seinem sogenannten Projek­tions­bericht 2023 zu diesem Schluss gekommen.

Je nach Szenario wird Deutschland im Zeitraum von jetzt bis 2030 zwischen 194 und 331 Millionen Tonnen CO2 zu viel ausstoßen. Laut Behördenchef Dirk Messner braucht es „zusätzliche Maßnahmen“. Auch das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 werde „unter den gegebenen Umständen nicht erreicht“.

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