Australien und der Aukus-Militärpakt: Speerspitze im Pazifik gegen China

Chinas wachsender Einfluss löst in Australien und den USA Sorgen aus. Nun rüstet Canberra für einen möglichen Konflikt gegen China auf.

Schlachtschiffe in einem Hafen

Australische Schlachtschiffe im August im Hafen von Sydney Foto: Peter Thompson/Royal Australian Navy/ap

CANBERRA taz | Normalerweise protestieren australische Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter für höhere Gehälter. Doch im August war die Innenstadt von Brisbane kurz im Ausnahmezustand, als von ihnen hunderte gegen die australische Laborpartei protestieren, die aus der Gewerkschaftsbewegung entstanden ist und in Brisbane tagte.

Der von Labor-Premier Anthony Albanese unterzeichnete Kauf von acht amerikanischen U-Booten trieb Mitglieder linker Gewerkschaften auf die Barrikaden. Mit Kosten von mindestens 360 Milliarden Euro für die U-Boote und ihren Unterhalt bis 2055 ist dies Australiens höchste Rüstungsausgabe aller Zeiten.

Der U-Bootkauf ist Kernstück eines Sicherheitspaktes für den Indopazifik zwischen den Australien, Großbritannien und USA, nach den englischen Anfangsbuchstaben der Länder abgekürzt Aukus. Dazu beinhaltet der Pakt Kooperation bei Cyber-Kriegsführung, künstlicher Intelligenz und Quantentechnologie.

Vor einigen Monaten kündigte die Regierung zudem eine Neuaufstellung der Landstreitkräfte an. Auch werde Australien künftig Langstreckenraketen bauen, „die Angreifer schon in 1000 Kilometer Distanz neutralisieren können“.

Ein Schutzwall gegen China im Pazifik

Es ist kein Geheimnis: Ziel ist es, einen Schutzwall gegen eine militärische Expansion Chinas im Pazifik zu errichten. Australien und sein jahrzehntelanger Partner USA sehen die Region traditionell als ihren Einflussbereich. Doch seit über zehn Jahren sucht und findet China im Pazifik immer mehr Freunde.

Peking baut Brücken und Straßen, hilft Kleinstaaten mit billigen Krediten und medizinischer Versorgung. So schafft China sich Wohlwollen und macht Länder wie die Salomonen oder Kiribati von sich abhängig.

Alfred Palazzo, Professor für Kriegswissenschaften an Australiens Nationaluniversität (ANU) in Canberra, sieht den Nutzen solcher Partnerschaften für China vor allem in der Diplomatie: „Auch diese Kleinstaaten sind wichtig, etwa als Stimme in internationalen Foren wie der Uno“, sagt der Experte der taz.

Australiens Verteidigung stärken

Doch warnen Beobachter auch vor Chinas militärischer Expansion. Auf den Salomonen soll es Pläne für den Bau eines Stützpunktes der chinesischen Marine geben – nur 3000 Kilometer von Australien entfernt, auch wenn dies die Regierungen in Honiara und Peking dementieren.

China ist mit Abstand Australiens wichtigster Handelspartner. Mehr als ein Drittel aller Exporte gehen in das Reich der Mitte. So erstaunt nicht, dass Regierungspolitiker Peking nicht als Grund für die militärische Aufrüstung benennen, sondern von einer generischen Bedrohung sprechen.

Es gehe darum, Australiens Verteidigung generell zu stärken, sagt Verteidigungsminister Richard Marles: „Wenn wir diese U-Boote nicht kaufen, würde sich unser Land großer Gefahren aussetzen. Wir würden die Idee der nationalen Eigenständigkeit untergraben“.

Kritik an Abhängigkeit zur USA

Doch genau um diese Eigenständigkeit fürchten Kritiker. Eine Jahrzehnte dauernde noch stärkere Anbindung an den traditionellen Bündnispartner USA würde Australien auf Gedeih und Verderb an Washington fesseln. Schon heute sind in Nordaustralien tausende US-Marines stationiert, als „Speerspitze des Westens gegen China“, wie manche Beobachter es nennen.

Auch wollen einige Gewerkschaften nicht akzeptieren, dass die bestellten U-Boote im atomfreien Australien nuklear betrieben werden. Atomwaffen aber würden sie aber nicht transportieren, verspricht Aukus.

Lange dauerte der Disput in der Laborpartei nicht. Albanese versprach den aufmüpfigen GenossInnen tausende Arbeitsplätze in den Werften. Das wirkte. Die Zustimmung der Delegierten schien für Albanese ein Signal gewesen zu sein: Schon bald kündigte er den Kauf von mehr als 200 US-Marschflugkörpern an.

Dass auch dies in Australiens Medien kaum Erwähnung fand oder gar auf Widerstand stieß, ist bezeichnend. In der vom konservativen Murdoch-Konzern dominierten Medienlandschaft Australiens herrscht eine unkritische Grundstimmung, wonach der Schulterschluss mit Washington und London der einzig richtige Weg sei, um Australien vor dem expandierenden China zu schützen. Die Zeitung Sydney Morning Herald warnte, Australien könne schon in drei Jahren in einen Krieg im Pazifik gezogen werden.

Palazzo sieht einen 3. Weltkrieg als unwahrscheinlich

Der Militärstratege Alfred Palazzo sieht als einer der wenigen Experten in Australien Aukus kritisch. Er begrüsst zwar die „längst überfällige Modernisierung“ der Streitkräfte, die „von früheren Regierungen vernachlässigt worden war“. Er warnt aber vor weiterer Abhängigkeit Australiens von den USA. „Die hochkomplexe U-Boot-Technologie bindet Australien auf Jahrzehnte an den Allianzpartner“.

Es fehle Australien nicht nur an der Expertise für den Bau derart spezialisierter Waffensysteme. Beobachter glauben, dass der US-Kongress kaum erlauben werde, streng geheime Daten der Systeme an die Aukus-Partner weiterzugeben.

Ob sich Australien mit der massiven Aufrüsstung auf den Dritten Weltkrieg vorbereite, fragte jüngst ein Beobachter. Palazzo reagierte zurückhaltend: „Australien bereitet sich sicher auf etwas vor. Ich hoffe nur, dass es nicht der Dritte Weltkrieg ist. Denn dieser könnte zu einem nuklearen Konflikt zwischen Grossmächten führen.“

Palazzo hält einen Krieg des Westens gegen China derzeit für unwahrscheinlich. Das könne sich ändern, sollte Peking Taiwan angreifen, das es als Teil Chinas sieht. Dies würde aber laut Palazzo nur geschehen, „wenn Chinas Kommunistische Partei von Problemen zuhause ablenken will und Macht zu verlieren droht“.

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