US-Einreiseverbot

Es trifft alle – egal, ob sie Künstler, Wissenschaftler, Unternehmer, Sportler oder einfach Freunde und Familienangehörige sind

Weltweit gestrandet

STOPPDas von US-Präsident Donald Trump verhängte Einreiseverbot für Staatsbürger aus sieben islamischen Ländern trifft viele überraschend. Sie sind nun abgeschnitten von ihren Freunden, ihren Familien und ihrer Arbeit

"Die Flugtickets haben wir schon seit acht Monaten"

Foto: Sharzad Osterer

Meine Cousine heiratet am 13. Mai in Los Angeles. Die ganze Familie ist eingeladen. Sie kommen von überall her – aus Australien, dem Iran oder wie ich aus Deutschland.

Ich lebe und arbeite nun seit über zehn Jahren hier und habe einen jüdischen Ehemann. Wir haben eine gemeinsame Tochter. Die Hochzeit meiner Cousine sollte unsere Familie wieder an einem Ort zusammenbringen. Ich habe sie alle schon seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen. Wegen Trumps Einreiseverbot können jetzt acht Familienmitglieder nicht kommen.

Ich traue mich aktuell gar nicht, ein Visum zu beantragen. Unsere Flugtickets für die USA hatten wir schon vor acht Monaten gekauft. Jetzt warten wir mit dem Antrag für das Visum erst mal dreißig Tage in der Hoffnung, dass sich die Situation ändert.

Ich habe aber auch Angst, trotz gültigen Visums im Mai am Flughafen in Los Angeles festgehalten zu werden. Ich besitze nur einen iranischen Pass, der mir auch schon in der Vergangenheit Probleme bereitet hat.

Bereits zweimal wurde mir ein Visum für Israel verweigert. Jetzt kommen also noch die USA dazu. Die Verzweiflung in der Familie ist groß. Die Hochzeit findet wohl ohne mich und meine Familie statt.

Shahrzad Osterer kommt aus Teheran und ist Reporterin für den Bayerischen Rundfunk in München

"Wir machen uns Sorgen um unsere Zukunft"

Foto: Carbon 12

Nächsten Monat sollten wir in die USA reisen, weil unsere Galerie Carbon 12 auf der Nada, einer der führenden Kunstmessen in den USA, ausstellen darf. Doch nun ist unklar, ob wir überhaupt einreisen dürfen.

Wir sind die einzige Kunstgalerie im Nahen Osten, die auf dieser Messe in New York ausstellt, und wir wären dieses Jahr zum dritten Mal dabei. Dieser Termin ist für uns und unsere Künstler sehr wichtig und wir haben jahrelang daran gearbeitet, all diese Kontakte zu knüpfen. Diese Leute erwarten uns nun. Es ist natürlich auch eine große finanzielle Investition, an so einer Veranstaltung teilzunehmen, deshalb war es für uns entsprechend schlimm zu hören, dass wir offenbar nicht einreisen dürfen.

Wir stehen mit vielen Leuten weltweit in Kontakt, die nach diesem Einreisestopp in schlimmeren Situationen sind. Aber natürlich machen wir uns jetzt auch Sorgen um unsere Zukunft, wie wir unsere Galerie fortführen können und natürlich auch, wie wir weiterhin mit US-amerikanischen Künstle­rInnen zusammenarbeiten werden können.

Wir haben nun die Österreichische Botschaft in Dubai kontaktiert, dort hat man uns gesagt, dass viele Österreicher mit Doppelstaatsbürgerschaft hier gestrandet sind.

Kourosh Nouri und Nadine Knotzer betreiben Carbon 12, eine Galerie für zeitgenössische Kunst in Dubai. Kourosh Nouri hat eine österreichisch-iranische Doppelstaatsbürgerschaft und verfügt über ein 10-jähriges US-Visum, dessen Gültigkeit nun unklar ist. Nadine Knotzer ist Österreicherin, sie muss nun ein Visum beantragen und bei der US-Botschaft zu einem Gespräch erscheinen, weil sie in den vergangenen Jahren im Iran war

"Iraner wurden in den USA schon immer schlecht behandelt"

Foto: Ghazel courtesy of Carbon 12 Dubai

Eigentlich sind mir die USA herzlich egal. Man hat mich sehr schlecht behandelt, als ich das letzte Mal wegen einer Ausstellung da war. Ich wurde am Flughafen verhört und die Polizei hat mich sehr grob behandelt.

Das ist nun elf Jahre her und ich bin seit diesem Vorfall nicht mehr in die USA gereist, weil ich mir das nicht antun wollte. Iraner werden in den USA schon immer schlecht behandelt.

Aber nun wollte ich zum ersten Mal zurückkehren, weil es um eine Konferenz an der Universität Princeton geht und um eine Soloausstellung in New York City – es ist also etwas Besonderes und ich dachte: Immerhin ist es New York. Doch im Moment weiß ich noch gar nicht, ob ich nächste Woche auch hinfliegen kann. Das wird sich wohl auch erst ein paar Tage vorher zeigen. Ich bin aber nicht besonders besorgt, alles ändert sich gerade so schnell, und wenn ich nicht in die USA einreisen kann, dann nehme ich per Skype an der Konferenz teil und zeige meine Arbeit, ohne selbst da zu sein.

Andererseits denke ich, dass es jetzt noch wichtiger ist, in die USA zu reisen – all die Diskriminierung, die da gerade passiert, macht meine Performance noch relevanter, als sie es sowieso schon war.

Ghazel ist Performancekünstlerin, sie ist 1966 geboren und lebt und arbeitet in Paris und Teheran

„Wie ein Mensch zweiter Klasse“

Foto: privat

Ich bin deutscher Staatsbürger mit persischen Wurzeln, mein Vater ist Iraner, meine Mutter Deutsche und Geschäftsführerin der Firma Faritec. Wir stellen Wasseraufbereitungsanlagen her und vertreiben sie weltweit. Nach Trumps Dekret darf ich nun aber vorerst nicht mehr in die USA einreisen.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass ich als deutscher Staatsbürger und Firmeninhaber als Mensch zweiter Klasse behandelt werde, nur weil ich persische Wurzeln habe, die ich – selbst wenn ich wollte, nicht ablegen kann.

Erschwerend kommt hinzu, dass mir nun keine Airline ein Flugticket verkaufen würde, da sie sich laut Dekret damit strafbar macht. Auf meine Anfrage wurde mir beispielsweise bei der Lufthansa der Kauf eines Tickets verweigert.

Ich kann keine Geschäfte mit einem Land machen, in das ich weder zur Vertragsunterzeichnung noch zur Abwicklung einreisen darf. Ich kann also nicht mehr expandieren. Doch jeder Mitbewerber aus Deutschland, der keine persischen Wurzeln hat, kann ohne Probleme expandieren. Ich fordere die Bundesregierung daher auf, sich für seine Staatsbürger, ganz gleich welcher ethnischen oder religiösen Herkunft, einzusetzen und diesem Zustand umgehend entgegenzuwirken.

Dass ich persönlich meine Verwandtschaft in den USA auf unabsehbare Zeit nicht mehr besuchen kann, ist zudem unerträglich. Aber als Unternehmer fühle ich mich meinen Angestellten gegenüber ebenso verpflichtet, deren Arbeitsplätze zu sichern und ständig neue Märkte für die Firma zu erschließen.

Sasan Fariwar, 48, ist Inhaber der Firma Faritec

"Mein Termin bei der Botschaft wurde abgesagt"

Foto: privat

Ich wollte zu einer Fotoausstellung nach New York reisen, an der ich mitwirken sollte. Aber nachdem ich meine Bewerbung für das Visum losgeschickt hatte, bekam ich eine SMS auf mein Handy: „Die Ausstellung von Visa für Staatsbürger des Irak, Iran, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen wurde ausgesetzt.“ Mein Termin bei der Botschaft in Berlin wurde abgesagt.

Die Ausstellung wird im Museum des International Center of Photography in New York gezeigt und heißt „Ewige Revolution“. Es geht um Fotografie und sozialen Wandel im Zeitalter des Internets. Ich sollte eines von fünf Fallbeispielen sein, die zeigen, wie Fotografie soziopolitische Haltungen beeinflusst. Ich sollte einen Teil beitragen, den ich „Die Flut: Flüchtlinge und Repräsentation“ genannt habe. Die Fotos meiner Flucht nach Deutschland sollten gezeigt werden – aus dem Boot und aus dem Flüchtlingslager in Bielefeld. Nun habe ich einen Anwalt in New York gefunden, der mir helfen will, damit ich trotzdem nach Amerika reisen kann.

Thair O. ist 28 Jahre alt, arbeitet als Jurist und lebt in Berlin. Ursprünglich kommt er aus Damaskus, Syrien