Mietrechtsnovelle liegt auf Eis: Verkappte Sache

Die Regierung wollte die Kappungsgrenze von 15 auf 11 Prozent senken, um den Mietenanstieg zu begrenzen. Doch der Justizminister blockiert.

Hochhaus mit Satellitenschüsseln

Köln-Chorweiler Foto: Christoph Hardt/imago

BERLIN taz | Auch nach zwei Jahren Ampelregierung lässt die versprochene Mietrechtsnovelle auf sich warten. Keine Hiobsmeldung aus dem Mietenwahnsinn ändert daran etwas. Erst am Dienstag hat das Bündnis Soziales Wohnen darauf hingewiesen, dass bundesweit die Zahl der Sozialwohnungen weiter abnimmt. Der Grund für den Rückgang ist, dass Sozialwohnungen, in denen Mieten staatlich reguliert sind, nach einer gewissen Zeit ihren Status verlieren. Die Länge der Preisbindung kann je nach Bundesland und Förderprogramm variieren: etwa 25 oder 30 Jahre.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht in einem Kurzbericht vom Dezember 2023 davon aus, dass in den nächsten Jahren bis 2030 die Bestände mit bis zu 50.000 pro Jahr zurückgehen. Läuft die Bindung aus, können die Ei­gen­tü­me­r*in­nen der Wohnungen diese nach den Regeln des freien Marktes vermieten. An diesem Punkt kommt die fehlende Mietrechtsnovelle ins Spiel.

Die Ampel hatte sich im Bereich Mieterschutz im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die sogenannte Kappungsgrenze in angespannten Wohnlagen von 15 auf 11 Prozent zu senken. Diese Grenze legt fest, wie stark Mieten, die noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, innerhalb von drei Jahren steigen dürfen: 15 Prozent Mieterhöhung in drei Jahren ist derzeit erlaubt. Da Sozialwohnungen meist vergleichsweise niedrige Mieten haben, wird diese Regelung vermutlich für viele Sozialwohnungen mit auslaufender Bindung relevant.

Doch derzeit ist unklar, ob diese Mietrechtsnovelle noch umgesetzt wird. Hintergrund ist ein politischer Streit: Justizminister Marco Buschmann (FDP), der für Mietrecht zuständig ist, blockiert das Vorhaben, weil er sich mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beim Thema Vorratsdatenspeicherung nicht einigen kann. Auf taz-Nachfrage verweist das Ministerium auf eine Interview-Aussage des Justizministers im September 2023. „Ich stehe zum Koalitionsvertrag. Ich wünsche mir, dass das alle anderen auch tun. Dann muss niemand Sorge haben, dass Dinge liegen bleiben“, sagte Buschmann da. Konkrete Zahlen, wie viele Mieterhaushalte von der Absenkung der Kappungsgrenze profitieren würden, liegen dem Ministerium nicht vor. Sie dürften „auch nur schwer zu ermitteln bzw. valide zu schätzen sein“.

Angela Lutz-Plank, Geschäftsführerin des Mietervereins München, ist aber überzeugt: „Eine Absenkung der Kappungsgrenze würde sehr vielen Mieterinnen und Mietern in München helfen.“ Mieterhöhungen seien das zweithäufigste Beratungsthema. In München lebten viele schon lange in ihren Wohnungen mit Mieten, die unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. „Diese Mieter werden über die Kappungsgrenze vor extremen Mietsteigerungen geschützt. Je niedriger diese ist, desto besser für die Mieter.“ Lutz-Plank verweist zudem darauf, dass beim aktuell geltenden Münchener Mietspiegel von 2023 die durchschnittliche Nettokaltmiete 21 Prozent höher liegt als im Mietspiegel von 2021. Es profitieren von der Kappungsgrenze also nicht nur Mieter mit ganz alten Mietverträgen.

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