Streiks bei der Deutschen Bahn: Wer braucht schon Lokführer?

Wie realistisch es ist, dass uns selbstfahrende Züge bald Ausfälle bei der Bahn ersparen.

Ein ICE steht nach starkem Schneefall in einem Wintermärchen

Lokführer werden weiter gebraucht, denn „Wetter“ ist schlecht für selbstfahrende Züge, Foto: Matthias Schrader/dpa

Mehr als 3.700 Lok­füh­re­r:in­nen fehlen bundesweit. Die Lokführergewerkschaft GDL streikt gerade für mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten, um den Beruf attraktiver zu machen und den Personalmangel zu bekämpfen. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) werden hingegen noch deutlich mehr Fachkräfte fehlen, wenn die GDL die Arbeitszeitverkürzung durchsetzt. Dabei können Züge doch auch ganz ohne Lok­füh­re­r:in­nen fahren. Oder?

Auf einigen deutschen Strecken sind schon Züge fahrerlos unterwegs: Die H-Bahn in Dortmund, eine Hängebahn mit großen Kabinen, fährt seit 1984 automatisiert an Schienen entlang. In Nürnberg gingen 2008 vollautomatische U-Bahnen auf zwei Linien an den Start. In Hamburg sind schon testweise automatisierte S-Bahnen im Einsatz, allerdings sitzt hier noch Personal im Führerraum. Denn beim automatisierten Fahren auf der Schiene gibt es unterschiedliche Grade: Auf Stufe eins etwa fahren Lok­füh­re­r:in­nen mit computerbasierten Assistenzsystemen. Auf Stufe drei sind kei­n:e Lok­füh­re­r:innen mehr an Bord, nur noch Zugbegleiter:innen.

Selbstfahrende Metros und U-Bahnen können in kürzeren Abständen fahren und so mehr Fahrgäste an ihr Ziel bringen. Außerdem sind automatisiertes Beschleunigen und Bremsen effizienter, die Züge verbrauchen bis zu 30 Prozent weniger Energie. Nachts oder an Feiertagen können fahrerlose Bahnen über Personalengpässe hinweghelfen. Allerdings lohnt es sich kaum, bereits bestehende Systeme umzurüsten – vor allem bei neuen Linien setzen die Betreiber auf Vollautomatisierung.

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Und im Fernverkehr? Metros und U-Bahnen wie in Nürnberg, Paris oder Budapest können gut vollautomatisch fahren, weil ihr Schienensystem nicht so komplex ist, sagt das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene. Viele Strecken führen durch Tunnel, die die Schienen vor äußeren Gefahren – umstürzenden Bäumen zum Beispiel – schützen. Im Fernverkehr hingegen teilen sich verschiedene Züge ein und dasselbe Gleis: schnelle ICEs, Güterzüge, langsamere Personenzüge.

Der Zughersteller Siemens Mobility arbeitet an Zügen, die zumindest die Fahrten zwischen Betriebshof und Bereitstellung allein schaffen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat im vergangenen Jahr rund 42 Millionen Euro in das Projekt gesteckt, 2026 will Siemens einen solchen Zug vorstellen. Teilautomatisierungen helfen also, Lok­füh­re­r:in­nen werden dadurch aber nicht ersetzt. Im Gegenteil: Wenn dank automatischer Systeme mehr Bahnen verkehren, kann der Personalbedarf sogar steigen.

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