Neuwahlforderungen der CSU: Die lachende Dritte

Auf ihrer Tagung im Kloster Seeon fantasiert die CSU über Neuwahlen. Damit erweist sie der Demokratie einen Bärendienst – und der AfD einen Gefallen.

Menschen im Schneetreiben

Alexander Dobrindt (Bildmitte) vor Pres­se­ver­tre­te­r:in­ne während der Winterklausur der CSU in Seeon, 07.01.2024 Foto: Peter Kneffel/dpa

Die Ampel hat fertig, tönte Alexander Dobrindt auf der Klausurtagung seiner Partei im Kloster Seeon vollmundig. Und der CSU-Mann hat ja recht, wenn er auf das derzeit armselige Erscheinungsbild der Bundesregierung hinweist.

Unsinn ist es jedoch, wenn Dobrindt behauptet, die Ampel habe ihre Legitimation verloren. Eine Regierung wird nicht durch Umfragen legitimiert, sondern durch Wahlergebnisse. Aber okay: Dass es eine Oppositionsfraktion in Zeiten, in denen sie in Umfragen besser dasteht als alle drei Regierungsparteien zusammen, mit demokratischen Grundsätzen nicht ganz so genau nimmt – geschenkt.

Tatsächlich dürfte die Union wohl Seniorpartner einer neuen Regierung werden, fänden die geforderten Neuwahlen statt. Auch wenn Dobrindt, Söder und Co selbstverständlich wissen, dass ihnen die Ampel diesen Gefallen nicht tun wird. Es ist nicht mehr als das Getöse eines imaginierten Wahlkampfs.

Neuwahlen würden freilich nicht nur die Union an die Macht bringen, sondern aller Voraussicht nach auch der AfD einen beispiellosen Stimmenzuwachs bescheren. Höchst perfide ist es allerdings, diesen jetzt der Ampel anzulasten. Denn die Frage der Verantwortung ist klar: Wer sein Kreuz bei Rechtsextremen macht, darf sich nicht wundern, wenn Rechtsextreme an die Macht kommen. So viel „mündiger Bürger“ muss schon sein.

Wer dagegen einen zu erwartenden Wahlerfolg der AfD der schlechten Politik der Ampel zuschreibt, wie die CSU es tut, relativiert den Rechtsrutsch, gibt ihm recht, zeigt Verständnis, wo es kein Verständnis geben darf. Betreibt letztlich ein unappetitliches Anbiedern an die AfD-Wählerschaft.

Statt Nazis salonfähig zu machen, sollten sich die Christsozialen lieber um einen Schulterschluss aller demokratischen Parteien bemühen. Denn solange Söder und seine Leute in populistischen Parolen den Kulturkampf mit den Grünen beschwören, in Gendersternchen, veganer Kost und der Besteuerung von Agrardiesel eine größere Gefahr sehen als in Rechtsextremismus und Klimakrise, freut sich am Ende nur eine: die AfD.

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Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.

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