Basketball-Weltmeister Deutschland: Dunken ohne Druck

Die Basketball-WM stieß auf Desinteresse. Gut daran: Das Abschneiden der Deutschen wurde nicht als Metapher für den Gesamtzustand des Landes gesehen.

Dennis Schröder springt hoch und wirft einen Ball in den Korb, ein serbicher Gegenspieler schaut erstaunt zu

Dennis Schröder dunkt für das deutsche Nationalteam im WM-Spiel gegen Serbien Foto: Matthias Stickel/dpa

Eine Weltmeisterschaft in Mannschaftssportarten ist immer eine Geschichte in vielen Kapiteln. Sie beginnt mit Vorbereitungsspielen, den ersten Einschätzungen der Erfolgsaussichten, dem Zusammenwachsen als Team, gefolgt von der Gruppenphase und schließlich den K.-o.-Spielen, in denen jeder Fehler der entscheidende sein kann. Immer gilt es Widerstände zu überwinden – Verletzungen, einen schwachen Tag des besten Spielers oder Taktiken, die der Gegner durchschaut und die sofort geändert werden müssen.

Von dem langen Weg, den die deutsche Basketballnationalmannschaft bis zum Titelgewinn in Manila zurücklegte, hat die breitere deutsche Öffentlichkeit allerdings nicht viel mitbekommen. Bis zum Finale am Sonntag interessierte sich für die WM in Deutschland nur eine überschaubare Bubble aus Basketball-Afficionados und Hardcore-Sportbegeisterten.

ARD und ZDF hatten dankend abgewunken, als es darum ging, wer die Spiele übertragen könnte. MagentaTV übernahm. Das Streamingportal der Telekom zeigt viel Basketball und machte bei der WM alle Spiele der deutschen Mannschaft ­gratis im Netz zugänglich. Und das mit Experten-­Gesprächen, die mit einem tiefen Verständnis für das Spiel die Begegnungen analysierten.

ZDF zeigt nur Finale

Das Finale übertrug das ZDF dann doch. Aber all jenen, die erst da ihr erstes WM-Spiel gesehen haben, muss man sagen: Ihr habt echt was verpasst. Ihr habt den Schock von Franz Wagners Knöchelverletzung im ersten Spiel gegen Japan nicht mitgekriegt. Ihr habt nicht gesehen, wie Isaac Bonga als sein Ersatz in der Starting Five brillierte und im Spiel gegen Slowenien NBA-Star Luca Doncic mit seiner starken Verteidigung entnervte. Ihr habt nicht gesehen, wie Moritz Wagner sich durch die Zwischenrunde dunkte und Andi Obst seine Dreier wie an der Schnur gezogen warf.

Und auch nicht, wie Dennis Schröder die Mannschaft in jedem Spiel mit seinen Blitz-Korblegern, seinen vielen Punkten und spektakulären Pässen souverän führte – bis er im Viertelfinale gegen Lettland schwächelte und von 26 Würfen nur 4 im Korb landeten. Eine katastrophale Quote. Aber die Mannschaft fing ihn auf. Und Schröder kam zurück. Er machte im Halbfinale gegen die USA und im Finale gegen Serbien die entscheidenden Punkte in den Schlussphasen. Völlig zu Recht wurde er zum wertvollsten Spieler der WM gewählt, als Star in einem Team, das hervorragend als Ganzes funktionierte.

Für Menschen, die Basketball lieben, war das weitgehende Desinteresse an der WM in Deutschland irritierend. Eilmeldungen und Aufmacher in den Sportteilen bekam ein alternder Fußballer des FC Bayern, der für ein Testspiel der Nationalelf nominiert wurde – nicht ein deutsches Basketball-Team, von dem schon vor der WM klar war, das es so viele große Talente und NBA-erfahrene Spieler wie noch nie zuvor versammelte.

In der Nische war's schöner

Nachdem Basketball am Sonntag aber mit der ZDF-­Übertragung und dem Gewinn des WM-Pokals auf der großen Bühne der allgemeinen Öffentlichkeit angekommen ist, muss man sagen: Vorher in der Nische war es eigentlich schöner. Da ging es um die richtige Taktik und Rollenverteilung im Team, um Würfe, die reinfallen oder wieder raushüpfen.

Die Mannschaft wurde nicht wie die Fußballnationalelf als Metapher für den Gesamtzustand des Landes gesehen. Wenn sie gegen Lettland ausgeschieden wäre, hätte das nichts über den Reformstau in Deutschland ausgesagt. Genauso wie sich aus ihrem WM-Sieg jetzt nicht herauslesen lässt, ob dieses Land in den kommenden Jahren der kranke Mann Europas oder die EU-Export-Lokomotive sein wird.

Und in der Basketball-Bubble ging es auch nie darum, warum Dennis Schröder die Nationalhymne vor dem Spiel nicht mitsingt – wie manche Event-Gucker gleich nach dem Finale herausstellen mussten. Stattdessen ging es darum, dass er in Braunschweig mit seinem Nationalmannschaftskumpel Daniel Theis schon mit 14 Jahren zusammengespielt hatte – und dass er ihn auch deshalb mit traumhafter Sicherheit über dem Korb in der Luft anspielen kann, so dass Theis den Ball nur noch durch den Ring hämmern muss. Es ging um den Sport an sich. Oder um es mit einem abgewandelten Stones-Klassiker zu sagen: It’s only Basketball, but I like it.

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