Strategiediskurs, Klimabildung, Party

Beim Sommerkongress von Fridays for Future diskutierte man, wie man Mehrheiten zurückgewinnt

Aus Lüneburg Tabea Kirchner

Zusammenkommen, vernetzen, Hoffnung schöpfen: Mehr als 500 Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen zwischen 14 und 29 Jahren haben sich in der vergangenen Woche zum Sommerkongress von Fridays for Future in Lüneburg getroffen. Es war das erste Mal seit vier Jahren, dass wieder alle Ortsgruppen aus Deutschland zusammenkamen.

Von Mittwoch bis Samstag versammelten sich die Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen im Kurpark und im angrenzenden Gelände der Leuphana Universität. Geschlafen wurde in Zelten. Tagsüber erwartete die Teilnehmenden ein Mix aus Vorträgen, Workshops und Diskussionen. Es ging um Wissensvermittlung zum Klimawandel, globale Gerechtigkeit und Aktivismusplanung. Am Freitag versammelten sich die Teil­neh­me­r:in­nen zum obligatorischen Klimastreik. Ein Demozug führte vom Kongressgelände durch die Innenstadt zurück zur Universität.

„Wir hatten seit 2019 keinen so großen Kongress mehr“, erzählt Sprecherin Nele Evers. „Für die allermeisten hier ist das der erste wirklich große Kongress.“ Unter den Anwesenden sind viele neue Aktivist:innen, etwa ein Drittel sind Schüler:innen. Andere haben vor Jahren als Schü­le­r:in­nen mit dem Klimaprotest begonnen, sind aber mit der Bewegung mitgewachsen.

Doch die 2018 gegründeten Fridays sind weit von ihrer alten Stärke entfernt. Aus den zunächst erwarteten 1.000 Anmeldungen wurde am Ende nur die Hälfte. „2019 waren wir noch 1.500“, erinnert sich Justus Friedrich aus Köln an den vorherigen Sommerkongress. Einige Ortsgruppen haben sich in der Zwischenzeit aufgelöst, Schulstreiks gibt es nur noch selten. Auch die globalen Fridays-Klimastreiks sind lange nicht mehr so gut besucht wie zu ihren Bestzeiten 2019. Hinzu kommt, dass der Zuspruch aus der Bevölkerung für die Klimabewegung zurückgegangen ist, wie eine Umfrage kürzlich zeigte.

Viele Menschen scheinen Klimaaktivismus inzwischen nicht mehr mit streikenden Schulkindern, sondern mit den Straßenblockaden der Bewegung Letzte Generation zu verbinden. „Wenn ich erzähle, dass ich Klimaaktivist bin, sind viele erst mal skeptisch“, sagt etwa ein Aktivist aus Tübingen. Sobald er klarmache, dass er zu Fridays for Future gehöre, würden die Reaktionen positiver.

Die 2018 gegründeten Fridays sind weit von ihrer alten Stärke entfernt

So richtig möchte sich jedoch niemand auf dem Kongress zu der Konkurrenz äußern. Nur die Berliner Ortsgruppe distanziert sich deutlich von den Straßenblockaden: „Wir schaffen die sozialökologische Transformation nicht, indem wir Menschen in ihrem Alltag stören oder nerven“, hieß es kürzlich in einem Instagram-Video.

Stattdessen setzen die Fridays darauf, wieder eine gesellschaftliche Mehrheit für sich zu gewinnen. Dafür haben sie sich vor einiger Zeit auch mit den Gewerkschaften Verdi und der EVG zusammengetan, mit denen sie gemeinsam für eine soziale Verkehrswende streiken. Das ist auch der Plan für den nächsten globalen Klimastreik am 15. September.

Sprecher Pit Terjung lässt sich vom Bedeutungsverlust der Klimabewegung nicht beunruhigen: „Es gibt keine einzige Jugendbewegung für Klimaschutz, die unsere Rolle in der Gesellschaft auch nur ansatzweise ersetzen könnte“, ist er sich sicher. Mut macht ihm auch eine Umfrage des Umweltbundesamts. Danach ist der Mehrheit der Deutschen die Dringlichkeit von Klimaschutz klar bewusst.