Verdrängung der Jugend: Rein in die Parks!

Die jüngeren Generationen werden von älteren aus den öffentlichen Räumen der Stadt gedrängt. Es ist Zeit, sie zurückzuerobern.

Frau mit weissen Stiefeln und einem Bier auf dem Boden, sitzt in einem PArk, es sind nur die Stiefel zu sehen, im Hintergrund sitzen Jugendliche

Die sollen doch einfach mal arbeiten gehen Foto: FSerienlicht/imago

Ein ruhiger Samstagabend im Stadtpark. Beim Schlendern zwischen penibel angelegten Blumenrabatten kann man die vielen Verbotsschilder betrachten, die für Ordnung in einem bereits sehr ordentlichen Park sorgen. Nicht grillen, nicht rauchen, nicht lärmen. Lärm ist sowieso nicht zu hören, nicht mal Flüstern. Einzig das entfernte Surren der Rasenkantenschneider, mit denen der Park zurechtgestutzt wird.

So oder so ähnlich sehen die feuchten Träume vieler älterer Menschen aus, die uns Jüngere aus dem öffentlichen Raum verdrängen wollen. Und sie haben Erfolg. In den Wäldern rund um Leipzig suchte die Polizei kürzlich mit Drohnen nach illegalen Partys, um sie zu stürmen, in Berlin werden die Öffnungszeiten von Spätis massiv beschnitten, damit wir zu später Stunde nicht mehr „herumlungern“, vielerorts kann man nicht in Parks abhängen, ohne dass die Polizei kontrolliert.

Die Pandemie hat diese Tendenz noch verstärkt: Einige Clubs, die währenddessen schließen mussten, öffneten danach nicht wieder. Viele Bars machten ebenfalls für immer dicht. Bleiben also nur die Parks in der Stadt. Doch auch hier sind wir unerwünscht, wie der Kommentar einer Kollegin zu Boomboxen in Parks neulich nochmal deutlich gemacht hat.

Aber jetzt mal ehrlich, liebe Boomer und meinetwegen auch liebe Angehörige der Generationen danach, die ja längst schon so viel spießiger sind, als sie gerne wären: Sollen wir Jüngeren uns in Luft auflösen?

Wart ihr nicht auch mal jung?

Nö. Wir sind Parkbesetzer*innen. Wir wollen hier abhängen, günstiges Bier trinken und Partys machen, aber auch mitgestalten. Bei diesen Worten formt sich sicherlich schon ein lautes und nachdrückliches „Nein“ in euren Köpfen. Als Argument zieht ihr dann die heran, die alles kaputt machen. Auch wir kennen die Geschichten von den Jugendlichen, die aus Frust randaliert und Po­li­zis­t*in­nen angegriffen haben.

Wir sehen das Problem. Aber es ist auch ein Symptom der fehlenden Perspektiven. Außerdem pauschalisiert ihr hier oft. Es gibt nämlich genügend von uns, die gute Ideen haben und auch Lust darauf, etwas zu verändern.

Und wisst ihr was? Wir stellen uns gegen die Gartenzwergisierung der öffentlichen Flächen. Die Parks reichen uns nicht. Wir wollen auch eure Straßen und Plätze und Zeitungen. Wir wollen die Räume nach eigenen Regeln gestalten. Ja, das kann bedeuten, dass nicht alles in geradlinig angelegten Asphaltwegen verläuft. Dass es Chaos gibt und laute Musik.

Seid doch ehrlich: Wart ihr nicht auch mal jung? Seid ihr nicht auch in die Stadt gezogen, weil man hier freier leben, ja etwas erleben kann? Das alles wird es in Zukunft nicht mehr geben, wenn wir nicht die Räume einnehmen, die ihr selbstverständlich die euren nennt.

Langeweile pur

Denn wie soll es hier bitte schön aussehen, wenn die Mieten hoch, die Wiesen gestutzt und die Radwege zurückgebaut sind? Ich wette, ihr würdet euch selbst langweilen, wenn ihr das, was die Kieze ausmacht, endgültig aus der Stadt wegsaniert habt und eure fantasielosen Zukunftsvorstellungen uns zum Wegziehen zwingen. Über wen sollt ihr euch dann aufregen?

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Wenn ihr uns zuhört, dann wären wir sicherlich bereit für Kompromisse. Ihr gebt uns Möglichkeiten für die unbürokratische Anmeldung von spontanen Partys und ihr bekommt eure Wäldchen am Stadtrand zurück. Förderung für das Theater in der Stadt? Gut, aber nur, wenn wir auch mehr Geld für die Freie Szene kriegen. Keine laute Musik in Wohngebieten? Okay, aber dann gilt der Lärmschutz auch für Autos. Deal?

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Aus Kassel, lange Zeit in Erfurt gelebt und Kommunikationswissenschaft studiert. Dort hat sie ein Lokalmagazin gegründet. Danach Masterstudium Journalismus in Leipzig. Bis Oktober 2023 Volontärin bei der taz. Aktuell über Medienpolitik, Essen und Witze schreiben und die taz.de Seite aktualisieren.

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