Konflikt um Berliner Jahnsportpark: Noch ist das Stadion nicht verloren

Der Berliner Senat will das Jahnstadion abreißen, eine Bürgerinitiative übt heftige Kritik daran. Auch die Grünen sind nicht einverstanden.

Leerer Rasen im Jahnstadion

Soll weg, wenn es nach den SPD-SenatorInnen Spranger und Geisel geht: das Jahnstadion Foto: dpa

BERLIN taz | Die Grünen haben nach der Sitzung des Sportausschusses des Abgeordnetenhauses am Freitag klargemacht, dass sie mit der Entscheidung der Senatsverwaltung für Sport in Sachen Jahnsportpark nicht einverstanden sind. „Das werden wir nicht hinnehmen“, sagte Klara Schedlich, sportpolitische Sprecherin der Grünenfraktion.

Damit zielte sie auf die den Vorgaben für einen Realisierungswettbewerb, die Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) am Dienstag veröffentlicht hatte, und die im Ausschuss von Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt verteidigt wurden. „Wir hatten uns als Koalition darauf geeinigt, dass die Ergebnisse des Werkstattverfahrens ausgewertet werden und eine Ausschreibung darauf aufbaut“, so Schedlich zu taz.

Bei dem Werkstattverfahren im August und September 2021 waren drei Optionen zur Neugestaltung des Sportparks am Rand von Prenzlauer Berg vorgestellt und diskutiert worden: Eine sah den Abriss des Mitte der 80er-Jahre erbauten Stadions sowie einen Neubau vor; die zweite Option war der inklusionsgerechte Umbau des bestehenden Stadions; bei einer dritten Variante, die später fallen gelassen wurde, ging es um die Neuerrichtung eines Stadtions an anderer Stelle im Sportpark bei gleichzeitigem Erhalt des alten bestehenden Bauwerks.

In der laufenden Woche beschloss das „Lenkungsgremium zum Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark“ – bestehend aus Spranger und Baustaatssektretär Christian Gaebler (ebenfalls SPD) sowie Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) – bei Enthaltung Benns, das Stadion „unter Einbeziehung der wesentlichen identitätsstiftenden Merkmale des Jahnsportparks“ neu zu bauen. Diese Merkmale könnten „struktureller, topografischer oder architektonischer Natur sein“, heißt es in den Vorgaben der Sportverwaltung für einen Realisierungswettbewerb. „Zitate und Reminiszenzen an das Bestandsstadion“ seien „ebenso möglich wie der Erhalt einzelner Merkmale“.

Nina Weniger, Bürgerinitiative

„Bis die Bagger anrollen, kann die jetzt getroffene Vorentscheidung ja noch verändert werden.“

Aus Sicht der Bürgerinitiative Jahnsportpark, die sich für Erhalt und behutsame Sanierung stark macht, ist das ein No-Go: Die Entscheidung des dreiköpfigen Gremiums ziehe „keinen Gewinn aus dem Werkstattverfahren und tritt die unter Beteiligung der Bür­ge­r*in­nen erzielten Arbeitsergebnisse mit Füßen“, heißt es in einer Pressemitteilung, sie klinge wie „Hohn“ auf den Koalitionsvertrag.

Darin heißt es, man werde die Planungsprozesse „unter breiter Beteiligung der heutigen und zukünftigen Nut­ze­r*in­nen und der An­woh­ne­r*in­nen zu einem breit akzeptierten Ergebnis führen“. Der erneuerte Sportpark solle „vorbildlich alle Anforderungen an eine inklusive, klimaneutrale und ökologisch nachhaltige Sportstätte erfüllen“.

Die Bürgerinitiative hatte bereits den Diskussionsprozess angestoßen, der das Beteiligungsverfahren möglich machte. Ursprünglich hatte die Sportverwaltung, damals unter Andreas Geisel, kein solches Verfahren vorgesehen und plante von vornherein den Abriss. Jetzt hatte die BI damit gerechnet, dass die Varianten „Abriss/Neubau“ sowie „Sanierung“ gleichberechtigte Optionen im Realisierungswettbewerb sein würden: „Wir hatten das Gefühl, im Beteiligungsverfahren auf viel Verständnis und Zustimmung gestoßen zu sein“, sagte BI-Sprecherin Nina Weniger am Freitag zur taz.

In der Initiative ärgert man sich noch über weitere Punkte. Etwa sei die große „Sportwiese“ an der Gaudystraße bedroht: Die beim Werkstattverfahren vorgestellte Neubau-Variante, die eine Blaupause für den kommenden Wettbewerb darstellt, sehe an dieser Stelle ein Kunstrasenplatz vor. „Das bedeutet so gut wie vollständige Versiegelung und keine Verdunstungskühlung mehr“, so Nina Weniger, angesichts des Klimawandels sei das „absurd“. Außerdem falle damit ein wichtiger Ort für den informellen Sport weg – von Frisbee bis Open-Air-Tanz finde hier bislang eine Vielzahl von Aktivitäten statt.

Nun hoffen Nina Weniger und ihre MitstreiterInnen auf eine kontroverse Debatte innerhalb der rot-grün-roten Koalition: „Bis die Bagger anrollen, kann die jetzt getroffene Vorentscheidung ja noch verändert werden.“ Die Grünen haben sie dabei offenbar auf ihrer Seite: „Wir wollen auf jeden Fall beide Optionen in der Ausschreibung erhalten“, betonte Klara Schedlich nach der Ausschusssitzung am Freitag. „Außerdem ist eine möglichst ökologische und ressourcenschonende Variante unbedingt zu bevorzugen.“ Nach taz-Informationen wurde eine Koalitionsrunde zum Thema bereits vereinbart.

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