Femizide? Doch nicht in Deutschland

Bundesregierung erkennt das Phänomen der Morde an Frauen, weil sie Frauen sind, nicht an

Von Patricia Hecht

500 Millionen Euro gibt die Europäische Union jährlich für die Initiative Spotlight aus, die sich unter anderem dafür einsetzt, Femizide zu verhindern, also Morde an Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts. Die Initiative ist etwa in Mexiko und Argentinien aktiv, Deutschland hat als größter Beitragszahler maßgeblichen Anteil daran.

Doch während die Bundesregierung im Ausland gegen Femizide aktiv ist, erkennt sie diese in Deutschland selbst nicht an. Das geht aus einer kleinen Anfrage der Linkspartei hervor, die der taz vorliegt. Hierzulande nämlich bringt zwar jeden dritten Tag ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin um – trotzdem aber ist die Bundesregierung nicht in der Lage, eine Aussage darüber zu treffen, ob es sich dabei um Femizide handelt. „Es ist verwunderlich, dass sich die Bundesregierung auf nationaler Ebene der Definition, Forschung und Erfassung von Femiziden verweigert, sich auf internationaler Ebene aber als Geldgeber für Projekte zu Femiziden engagiert“, sagte Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, der taz.

Auch im UN-Sicherheitsrat, in dem Deutschland derzeit den Vorsitz hat, „brüste“ sich die Bundesregierung damit, Gewalt an Frauen bekämpfen zu wollen, sagte Möhring. „Damit sollte sie in Deutschland anfangen.“ Denn hierzulande verweigert die Bundesregierung, wie aus den Antworten auf die Anfrage hervorgeht, sogar die Anerkennung und Definition des Phänomens Femizid. Auch die Definition von Femiziden der Weltgesundheitsorganisation WHO als Morde an Frauen, weil sie Frauen sind, macht sie sich „nicht zu eigen“.

Dies verhindere Erkenntnisse darüber, warum Frauen in Deutschland getötet werden, so Möhring. Und es verhindere auch, diese Morde gezielt zu bekämpfen. Doch die Bundesregierung, so Möhring, zeige keine Motivation, „diese Wissenslücken zu schließen“.