Abfallpolitik in Deutschland: Wenig Kreislauf im Koalitionsvertrag
Die Union und SPD konnten sich in Sachen Plastikmüll, Abfallvermeidung und Recylcing überwiegend nur auf Willensbekundungen einigen.
BERLIN taz | Weniger Plastikflaschen in den Supermarktregalen, länger haltbare Smartphones, mehr Recycling – würde es das mit einer neuen großen Koalition geben? Immerhin hat der Koalitionsvertrag ein eigenes Kapitel zum Thema Kreislaufwirtschaft. Allerdings scheinen die Vorstellungen der Koalitionäre über ihre konkrete Ausgestaltung weit auseinander zu gehen. Auf konkrete Maßnahmen oder Ziele konnten sie sich nämlich kaum einigen, überwiegend geben sie Absichtserklärungen ab.
So bekennen sich Union und SPD dazu, dass sie „Abfallvermeidung und Recycling“ stärken wollen; auch die Produktverantwortung wollen sie weiterentwickeln, die Hersteller müssten Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwendbarkeit stärker berücksichtigen. Der häufige Gebraucht des Wörtchens „Wollen“ sei ein „Signal an die Experten, dass da nicht viel gemacht wird, sagt Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe.
Etwas fassbarer wird es beim Recycling: „Wir werden die Recyclingpotenziale weiterer relevanter Abfallströme, wie Altholz, Alttextilien, oder Altreifen evaluieren und verstärkt nutzen“, heißt es im Vertrag. „Sie legen den Schwerpunkt auf das Recycling“, analysiert Fischer, „mit dem riesigen Abfallaufkommen in Deutschland haben sie sich also abgefunden“. Konkrete Ziele und Maßnahmen, um Abfall zu vermeiden, fehlen im Koalitionsvertrag völlig: „Eine Resourcensteuer etwa, oder Abgaben auf Einwegverpackungen“.
Insgesamt komme die Ressourcenschonung viel zu kurz, bemängelt Benjamin Bongardt, Teamleiter Ressourcenpolitik beim Naturschutzbund Nabu. „Wir wir künftig mit den Zielkonflikten von grünen Zukunftstechnologien und ihrem erhöhten Rohstoffbedarf umgehen wollen, dazu hat die Koalition keine Idee“, so Bongardt. Das zeige sich auch im Detail: „Ungefähr die Hälfte des Sperrmülls in Deutschland wird einfach verbrannt“, sagt Bongardt, „das widerspricht der Abfallhierarchie“. Das Thema finde sich ebensowenig wie Energiesteuern für die Abfallverbrennung.
Metallrecycling bleibt unerwähnt
Matthias Wachter, Abteilungsleiter Sicherheit und Rohstoffe beim Bundesverband der Deutschen Industrie, sieht das Rohstoffthema zwar „gut und breit verankert“. Doch er vermisst Aussagen zur Rekommunalisierung in der Abfallbranche: „Sie verhindert, dass eine effiziente Kreislaufwirtschaft entsteht“, so Wachter. Auch für das Recycling von Metallen für Zukunftstechnologien, das sich betriebswirtschaftlich noch nicht lohne, sei nicht erwähnt.
Das ganze Kapitel „Verantwortungsvoller Umgang mit unseren Ressourcen“ sei so unkonkret – „was da in der nächsten Legislatur passiert, hängt wesentlich von der Hausführung ab“, sagt Bongardt vom Nabu.
Leser*innenkommentare
Artur Möff
Schade für die Umwelt und die Zunkunft unserer Kinder. Naja, mit Themen wie Umwelt oder auch Verkehr kann eben bei AfD-Anhängern nicht gepunktet werden. Daher wird das wohl alles die nächsten Jahre untern Tisch fallen. Dafür gibts jetzt "Heimat". Solange, bis auch das letzte Stückchen Heimat zubetoniert ist und der Plastikmüll auch hier Umwelt und Grundwasser verseucht. Leider ist die Welt "da draußen" so groß, dass das noch ein paar Jahre dauern wird. Obs bis dahin noch Fische im Meer gibt?