AfD-Bewerber für Bundestagsarbeit: Alternative Mitläufer

Wo KZ-Aufseher und Stasi zu rekrutieren waren, finden sich auch ein paar Zuarbeiter für ganz banale Fremdenfeinde.

Ein Brot mit Messer

Wes Brot ich ess … Foto: imago/Chromorange

Die AfD, so hieß es noch vor wenigen Wochen, habe immense Probleme, die 400 Mitarbeiterstellen zu besetzen, die ihr nach dem Einzug in den Bundestag zustehen. „Mit Rechten arbeiten“, titelte der Spiegel und schrieb schadenfroh über die Mühen, nicht ausschließlich Volltrottel und Hasardeure in die neualternativen Abgeordnetenbüros zu locken.

Da wunderte man sich aber schon. Haben sich die Deutschen plötzlich mit Gewissen angesteckt?

Sollte es ausgerechnet in dem Land, in dem es noch nie ein Problem darstellte, KZ-Aufseher, Stasi-Spitzel und Ingenieure für Tötungsmaschinerien aller Art in überreichlicher Anzahl zu rekrutieren, auf einmal nicht mehr möglich sein, ein paar Zuarbeiter für eine latent verhaltensauffällige Gruppe von geriatrischen Nationalnos­talgikern, Traditionsantisemiten und ganz banalen Fremdenfeinden zu finden?

Und jetzt – Überraschung! – hat der Rechercheverbund von Süddeutscher, NDR und WDR ermittelt, dass die AfD sich in Wahrheit kaum retten kann vor Bewerbungen, und zwar durchaus auch von Profis, die zuvor für CDU, FDP, SPD oder Linke gearbeitet haben. Na, so was!

Zunächst mal: Wer sich die Positionen von Horst Seehofer, Thilo Sarrazin oder Sahra Wagenknecht anschaut, den kann kaum wundern, dass ihre angestellten Subalternen mitunter problemlos kompatibel und daher austauschbar mit AfD-Personal sind.

Andere Zeiten, ähnliche Probleme

Vor allem aber: Genau jenes Volk, das die AfD dauernd im Mund führt, hat für den Vorgang eine banale Erklärung: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ Und das Brot, es will nun mal verdient sein. So erklärte Martin Walser gerade in seiner buchgewordenen Familientherapie die NSDAP-Mitgliedschaft seiner Mutter lapidar mit „rein wirtschaftlichen“ Gründen, schließlich galt es, ein Wirtshaus am Laufen zu halten.

Andere Zeiten, ähnliche Probleme – heute müssen halt Zweit-SUV, Super-Flatscreen-TV oder der Altersruhesitz auf Mallorca finanziert werden. Sachzwänge, was willste machen? Oder ganz tief ins Abendland gehorcht: pecunia non olet.

Dass AfD-Landtagsfraktionen am Anfang tatsächlich Schwierigkeiten hatten, qualifiziertes Personal zu finden, zeugt eher von kühler Kosten-Nutzen-Kalkulation der Polit-Arbeitnehmer als von moralischen Skrupeln. Zunächst war ja nicht sicher, ob die Neulinge sich halten. Da stünde man natürlich schon blöd da. Aber nun, mit dem Einzug in den Bundestag und wo ohnehin in jeder Talkshow ein vorgewärmter Sessel für sie bereitsteht und einem ihre Thesen vom Kanzlerduellmoderator bis zum Taxifahrer täglich um die Ohren geballert werden, ist die AfD endgültig dort angekommen, wo sie in Wahrheit immer schon war: in der Mitte der Gesellschaft.

Nett sind sie ja alle

Diese ganzen Gestalten sind ja nicht plötzlich aus irgendwelchen Gräbern gestiegen, die gab es schon vorher. Da waren ihre Positionen vielleicht noch mehr oder weniger tief in anderen Parteien eingebettet und etwas peinlich. Aber mit jedem weiteren „Tabubruch“ und kalkulierten Eklat wird es ein bisschen selbstverständlicher, offen zu seinen Ressentiments zu stehen.

Außerdem mal ehrlich: Angesichts eines US-Präsidenten, der rechtsextreme Filmchen vertwittert, und eines auch in der eigenen Partei umstrittenen Erinnerungskulturwenders wie Höcke ist es doch fast schon grundsolide, für den putzigen Opa Gauland zu arbeiten. Und nett sind sie ja schließlich irgendwie alle.

Es mag schon sein, dass eines sehr schönen Tages der AfD-Spuk wieder ein Ende haben wird. Zu sehr sollte man sich aber nicht freuen. Denn die Leute, die nichts dabei fanden, sie zu wählen oder für sie zu arbeiten, bleiben uns so oder so erhalten. Dann schaffen sie halt wieder für CDU oder Linkspartei.

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