NSU-Untersuchungsausschuss: Verfassungsschutzchef ist „explodiert“

Seine Behörde fand bisher verschlampte Beweismittel. Nun musste Hans-Georg Maaßen im Bundestag aussagen und räumte „Schlamperei“ ein.

Hans-Georg Maaßen

Wütend auf seine Mitarbeiter: Hans-Georg Maaßen, Chef des Verfassungsschutzes Foto: dpa

BERLIN TAZ | Zwei Stunden wird Hans-Georg Maaßen am Donnerstag hinter den verschlossenen Türen des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag befragt. Kommentarlos verschwindet er danach in den Fluren. „Ich habe genug geredet heute“, sagt der Verfassungsschutzpräsident. Weg ist er.

Am Vorabend musste Maaßen schon mehrere Stunden dem Bundestagskontrollgremium der Nachrichtendienste Antworten liefern. Zuvor war bekannt geworden, dass sein Amt erneut einen Fund zu seinem früheren Topspitzel Thomas „Corelli“ Richter gemacht hatte: vier bisher unbekannte SIM-Karten. Schon früher waren ein Handy und eine CD von „Corelli“ mit dem Titel „NSU/NSDAP“ aufgetaucht. Eine Blamage, denn der 2014 verstorbene „Corelli“ steht bis heute im Verdacht, Kontakte zum NSU gehabt zu haben.

Maaßen beteuerte vor den Abgeordneten das Gegenteil: Der V-Mann und seine Handys hätten keinen NSU-Bezug. Er räumte allerdings „Schlamperei“ in seinem Amt ein. Er sei „explodiert“, als er von dem erneuten Fund erfuhr.

Von „schweren Versäumnissen“ beim Verfassungsschutz sprach auch Clemens Binninger (CDU), Vorsitzender des NSU-Ausschusses. Die Grünen-Obfrau Irene Mihalic sagte: „Offensichtlich herrscht absolutes Chaos im Bundesamt.“ Inzwischen macht auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière Druck und schickte einen Mitarbeiter in das Bundesamt, um den Fall aufzuklären. Der Bundestag wiederum setzte den einstigen Sonderermittler und Grünen Jerzy Montag nochmals ein, um die „Corelli“-Funde zu untersuchen. Montag hatte bereits bis 2015 zu dem Spitzel recherchiert – und keine Belege für einen direkten NSU-Kontakt „Corellis“ gefunden.

Noch ein Problemspitzel

Der NSU-Ausschuss knüpfte sich am Donnerstag einen weiteren Problemspitzel des Bundesamt vor: Ralf „Primus“ Marschner. Zeugen hatten behauptet, dass das NSU-Mitglied Uwe Mundlos in seiner Untergrundzeit in dessen Chemnitzer Baufirma gearbeitet haben soll. Später soll auch Beate Zschäpe in einem Laden Marschners gesehen worden sein.

Ein BKA-Ermittler sagte im Ausschuss, Marschner habe „vehement bestritten“, das NSU-Trio gekannt zu haben. Der Polizist gestand aber ein, dass einem Zeugenhinweis, Marschner sei 1998 mit Mundlos und Uwe Böhnhardt nach deren Untertauchen auf einem Fußballturnier aufgetaucht, nicht weiter nachgegangen wurde.

Linken-Obfrau Petra Pau forderte den Verfassungsschutz auf, auch zu diesem Spitzel „alles auf den Tisch zu legen“. Parallel machten Opfer-Anwälte im Münchner NSU-Prozess Druck: Sie beantragten am Donnerstag erneut, Marschner dort vorzuladen.

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