Maidan-Gedenken in Kiew: Olivgrünes Pathos

Zum zweiten Jahrestag der Zusammstöße auf dem Maidan wird weitestgehend friedlich demonstriert. Es dominieren Nationalisten und Rechtsextreme.

Vermummte Menschen in Militäroutfits

Militante Optik... Foto: dpa

KIEW taz | Wer sich am Samstag in Kiew mit der U-Bahn zum Maidan begab, sah sich schon an der U-Bahn-Station „Kreschtschatik“ mit einigen Dutzend martialisch wirkender Polizisten konfrontiert. Alle trugen sie schusssichere Westen, viele hatten Schäferhunde an der Leine und einen Helm in der Hand. Zweihundert Meter von der Station, auf der Institutskaja-Straße, versammelten sich sehr früh am Morgen tausende von Demonstranten.

Gekommen waren sie, um der Menschen zu gedenken, die in den Februar-Tagen 2014, vor allem am 20. Februar, während der Auseinandersetzungen zwischen Gegnern der Regierung Janukowitsch und Polizisten der Sondereinheit „Berkut“ ihr Leben verloren hatten.

Auslöser der Proteste auf dem Maidan Ende 2013 war die Entscheidung des damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch, das unterschriftsreife Assoziierungsabkommen der Ukraine mit der EU nicht zu unterzeichnen. Es waren sehr unterschiedliche Personengruppen, die sich zur Institutskaja, die inzwischen „Allee der Helden der Himmlischen Hundert“ heißt, aufgemacht hatten, um der „Himmlischen Hundert“ zu gedenken, wie die 105 Toten des Maidan genannt werden, zu gedenken.

Zu den ersten Besuchern gehörten Präsident Poroschenko und seine Frau Marina. Doch eine Farbe überwiegte: olivgrün. Diszipliniert zogen Verbände der nationalistischen Freiwilligenverbände „Rechter Sektor“, der „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN), der rechtsradikalen UNA-UNSO und „Aidar“ vom Maidan die Institutskaja-Straße zum Gedächtnisort für die „Himmlischen Hundert“ hoch.

„Sklaven kommen nicht in den Himmel“ hatte ein „Aidar“-Kämpfer auf seiner Jacke eingenäht. Das Schweigen wurde nur gelegentlich von einem Ruf „Ruhm der Ukraine“ unterbrochen. „Nicht alles hier gefällt mir“ meint ein Teilnehmer, der die gelb-blaue ukrainische Fahne in der Hand hält. „Aber besser, die Regierung hat vor dem Volk Angst als andersherum, so wie in Russland“.

Russische Banken attackiert

Um die Mittagszeit kippt die friedliche Stimmung. Mehrere Dutzend Jugendliche der OUN machen sich auf den Weg zu einer Filiale der „Alfa-Bank“, der russischen „Sberbank Rossii“ und einem Büro der Firma SKM des Donezker Oligarchen Rinat Achmetow. Alle drei Räumlichkeiten greifen sie mit Pflastersteinen und Baseball-Schlägern an.

Nach dem Sturm der „Alfa-Bank“, einer Tochter der russischen „Alfa-Bank“, lassen sie die Inneneinrichtung, Terminals und Geldautomaten, zerstört zurück. Man habe diese drei Firmen gezielt ausgewählt, so ein Demonstrant gegenüber dem Sender „112“, weil diese mit russischem Kapital arbeiteten.

...militantes Vorgehen. Rechtsextreme verwüsten die Alfa-Bank in Kiew. Foto: ap

In einer ersten Erklärung der Polizei heißt es, wer widerrechtlich in eine Bank eingedrungen sei, müsse mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen. Gegen Abend brachten Angehörige der „Revolutionären Rechten Kräfte“ Pfähle und Holzscheite auf den Maidan. Gleichzeitig kündigte ein Sprecher der „Revolutionären Rechten Kräfte“ an, man werde auch Zelte auf dem Maidan aufbauen. Zuvor hatten Demonstranten den Verkehr auf dem Maidan durch eine Blockade zum Erliegen gebracht.

Unterdessen berichtet der ukrainische Dienst der BBC von der Premiere des Filmes „Gefangene“ am vergangenen Donnerstag. In dem Film hatte der Maidan-Aktivist Ivan Bubentschik berichtet, dass er am 20. Februar 2014 auf dem Maidan zwei Polizisten erschossen und weitere verletzt habe. Sollte sich die Aussage von Bubentschik bestätigen, so die BBC, würde dies bedeuten, dass die Protestierenden das am 19. Februar 2014 ausgehandelte Stillhalteabkommen als erste verletzt hätten.

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