Aufruhr in der Elfenbeinküste: Massengrab entdeckt
Mindestens 60 Leichen wurden im Wald gefunden. Die Regierung des Wahlsiegers Ouattara spricht von "Prä-Völkermordsituation". EU verhängt Sanktionen gegen Wahlverlierer Gbagbo.
BERLIN taz |Die Repression der Sicherheitskräfte von Wahlverlierer Laurent Gbagbo in der Elfenbeinküste gegen Anhänger des gewählten ivorischen Präsidenten Alassane Ouattara hat möglicherweise in den letzten Tagen weit mehr Opfer gefordert als bisher bekannt. Wie die Regierung Ouattara in einer Erklärung bekanntgab, wurden am Sonntag nachmittag im geschützten Wald Banco nahe des hauptsächlich von Nordivorern bewohnten Stadtteils Abobo 60 Leichen entdeckt.
Das Massengrab liege bei N'dotré an der Straße zu Abidjans Zentralgefängnis. Andere Quellen sprachen von 65 Leichen, die Zeitung Le Mandat sprach sogar von zwei Massengräbern mit 100 Toten.
"Wir befinden uns in einer wahrhaftigen Prä-Völkermordsituation, verübt von liberianischen und angolanischen Söldnern und Milizionären unter Führung von Elementen der Präsidialgarde", erklärte die Regierung Ouattara. "Es scheint, als wolle man uns um jeden Preis einen ethnisch-religiösen Bürgerkrieg aufzwingen".
Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay hatte zuvor festgestellt, die Gewalt in der Elfenbeinküste seit dem Beginn der blutig niedergeschlagenen Massendemonstrationen gegen Gbagbo am Donnerstag habe "über 50 Tote und über 200 Verletzte" gefordert.
"Hunderte" von Menschen seien an unbekannte Orte verschleppt worden. Das Ouattara-PArteienbündnis RHDP (Houphouetistische Sammlung für Demokratie und Frieden) veröffentlichte gestern eine Aufstellung, wonach seit dem27. November - dem Tag vor den Wahlen - 114 Menschen getötet, 1007 verletzt und 732 festgenommen worden seien. Von letzteren seien 37 "verschwunden".
Die EU-Außenminister verhängten gestern Sanktionen gegen Gbagbo und 18 Personen aus seinem Umfeld, darunter seine Ehefrau. Der Beschluss muss am Mittwoch von den EU-Mitgliedsstaaten gebilligt werden. Montag nach Redaktionsschluss sollte der UN-Sicherheitsrat in New York über die Verlängerung des Mandats der UN-Mission in der Elfenbeinküste (Unoci) befinden, das zu Jahresende ausläuft. Ob das Mandat der rund 10.000 UN-Blauhelmsoldaten erweitert wird, damit sie die Zivilbevölkerung effektiv schützen können, war noch offen.
Leser*innenkommentare
Gunnar Sturm
Gast
Lars Rice aus Norwegen über die angeblichen Massengräber in der Elfenbeinküste: "Wir hätten jederzeit freien Zugang zu den entsprechenden Gegenden haben können" und er erklärt, dass die UNO diesen Zugang gar nicht in Erwägung zog, Er konstatiert dass es dort keine Massengräber gibt - remember: "Massenvernichtungswaffen im IRAK"?
Manfred Weule
Gast
Die Forderung auch der TAZ nach Sturz des Präsidenten Gbagbo von Cote d’Ivoire durch internationale Sanktionen stützt sich auf ein einziges Argument: die angebliche Wahlfälschung durch Herrn Gbagbo. Um Minimalanforderungen eines sorgfältigen Journalismus zu erfüllen, sollten Sie sich doch einfach mal den folgenden einfachen Fragen stellen, junger Herr Johnson:
Warum ist die freie und demokratische Durchführung der Wahlen in Cote d’Ivoire kein Thema der Berichterstattung? Ganz im Gegensatz z.B. zu den aktuellen Wahlen in Weißrussland?
Gehört es nicht zum Konzept der TAZ, in der Berichterstattung über Konflikte in einem Land zumindest die Sicht aller Konfliktparteien sowohl zugänglich zu machen als auch kritisch zu kommentieren?
Um jetzt weitere Argumente nachzureichen, bringen Sie jetzt Meldungen, die Ihre Linie stützen sollen, dass eine Seite gut und die andere böse ist. Das kennen wir doch von Herrn Bush und seiner Achse des Bösen. Schon vergessen?
Von Massengräbern redet eine Konfliktpartei und keine vertrauenswürdige unabhängige Seite: ist das überhaupt noch Journalismus oder schon eine bezahlte redaktionelle Anzeige des französischen Außenministeriums?
In Wiki Leaks heißt es zu Frankreichs Taktik gegenüber den afrikanischen Staaten:
http://wikileaks.harvo.de/cable/2008/08/08PARIS1501.html
21. © Similarly, the French are seeking to increase EU
and UN engagement in Africa as another form of burdensharing
and to allow France to operate discreetly behind EU and/or UN
cover. The French have actively sought EU and UN involvement
in recent years, from elections support in a number of places
to military support in DRC and Chad/C.A.R. Success in
lobbying EU members (and some non-members) to deploy EUFOR in
Chad and C.A.R., although deployment required the French to
provide more troops and equipment than first desired, was a
significant political milestone in French eyes and the EUFOR
case may represent the way the French will try to engage the
EU in future crises. The French went out of their way to
depict this as an EU and not French activity. The possible
transformation of EUFOR into a UN PKO would also be
consistent with French desires to increase the UN's role in
crisis management, a process that has also worked in Cote
d,Ivoire with the linkage between the French Operation
Licorne and UNOCI.
Ich habe die Gastfreundschaft vieler Menschen in Cote d’Ivoire genießen dürfen und habe Freundinnen und Freunde aus diesem Land. Sie sind entsetzt über die einseitige Berichterstattung über das, was ihnen und ihrem Land da geschieht.
Bis jetzt mauern Sie sich gegen Leserbriefe ein. Woran erinnert mich das nur?
Manfred Weule M.A.
1-gaou
Gast
Hallo Taz, ich dachte ihr seid eine linke Zeitung? Die Liberation in Frankreich bringt aber eine andere Berichterstattung über die Côte d'Ivore als ihr!!!
Bei euch lauter "on dits" - Gerüchte - gezielt lanciert - man weiß nix, aber das sagt man laut: ein Grab, zwei Gräber, 60 Tote, 100 Tote, wer hat sie überhaupt umgebracht? "Ouattara sagt...", aber was sagen die anderen? dürfen wir das nicht erfahren (bei der Taz)?
Das passt alles im Zeitplan so exakt hintereinander: jetzt muß das UNO-Mandat verlängert werden, da braucht man schon so 'ne Nachricht um zu begründen, dass man im Notfall auch ohne Mandat bleiben wird! Wir werden sehen, ob sich rausstellt dass da jemals was dran war (Bush's Massenvernichtungswaffen sind nicht vergessen - und verarschen kann man uns nicht immer wieder mit der gleichen Masche!) aber das von der Taz????
Ich habe im französischen TV gesehen wie die Rebellen von Ouattara in den Reihen der friedlichen Demonstranten und mit einer keinesfalls neutralen UNO einen Putschversuch gestartet haben (der dritte in den letzten 10 Jahren). Sie haben inmitten der Demostranten mit Panzerfäusten das Feuer eröffnet (da gibt es auch Fotos von AP und Reuters, die sind ja nun wirklich nicht verdächtig parteiisch pro-Gbagbo zu sein), das wird in der Taz nicht einmal erwähnt, das ist schlicht ganz schlechter Journalismus - recherchiert ihr überhaupt noch? Haben euch die Leserbriefe der letzten 2 Wochen nicht einmal ein bißchen zum Nachdenken gebracht?
premier-gaou n'est pas Gaou!!!!
IAhou Nguessan
Gast
Liebe Taz, lieber Dominic Johnson, hast du Beweise für diese Behauptungen? Kannst du da wenigstens ein Foto vorlegen? Bisher ist deine Berichterstattung tendenziös oder falsch und unzutreffend! Ich habe Familie in der Elfenbeinküste, von denen höre ich ganz anderes! Ich habe Fotos und Videos von Angriffen der Ouattara-Rebellen gegen das ivorische Militär, ich habe auch Aufnahmen von toten und bei lebendigem Leib verbrannten Militärs Gbagbo's - soll ich euch die schicken? Ich möchte aber nun endlich euere Beweise sehen - nicht nur Behauptungen und "on dit"...
très facheux
pas des salut
Ahou