Gaza-Israel-Konflikt: Flugboykott beendet
US-Flugzeuge dürfen wieder auf dem israelischen Flughafen landen. Die US-Luftfahrtbehörde sagte, die Sperre sei nicht politisch motiviert gewesen. Die Kämpfe dauern an.
WASHINGTON afp | Die US-Luftfahrtbehörde FAA hat das Landeverbot für den israelischen Flughafen Ben Gurion wieder aufgehoben. Das am Mittwoch um 24 Stunden verlängerte Landeverbot für US-Fluggesellschaften sei annulliert worden, erklärte die FAA wenige Stunden, bevor die Maßnahme auslaufen sollte.
Die Behörde warnte aber vor einer „sehr wechselhaften Situation“ und anhaltenden Kämpfen im nahegelegenen Gazastreifen. Die Sperre war am Dienstag aus Sicherheitsgründen verhängt worden, nachdem eine Rakete aus dem Gazastreifen nahe dem Flughafen zwischen Jerusalem und Tel Aviv eingeschlagen war.
Auch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) empfahl, den Ben-Gurion-Flughafen von Tel Aviv vorerst nicht mehr anzufliegen. Zahlreiche Fluggesellschaften stellten daraufhin ihre Flüge ein. Die israelische Regierung reagierte verärgert auf die Maßnahmen und drang auf die sofortige Aufhebung des Verbots.
Das US-Außenministerium versicherte am Dienstagabend, die Maßnahme sei allein aus Sicherheitsgründen getroffen worden und sei nicht politisch motiviert. Die palästinensische Hamas-Bewegung bezeichnete das Flugverbot als „großen Sieg“.
Der Raketeneinschlag nahe dem Flughafen sorgte bei den Fluggesellschaften auch deshalb für Sorge, weil vor einer Woche eine Passagiermaschine der Malaysia Airlines über dem umkämpften Osten der Ukraine mutmaßlich von einer Rakete der prorussischen Separatisten abgeschossen worden war.
Weiter Bemühung um Waffenruhe
Unterdessen wurden bei erneuten israelischen Angriffen auf den Gazastreifen am Donnerstag weitere 21 Palästinenser getötet worden. Allein bei einem Luftangriff auf ein Haus im Süden des Küstengebiets wurde sechs Mitglieder einer Familie getötet, darunter zwei Kinder, wie der Sprecher der palästinensischen Rettungskräfte, Aschraf al-Kudra, mitteilte. Damit wurden bei der 17-tägigen Militäroffensive gegen Stellungen der palästinensischen Hamas-Bewegung insgesamt 718 Palästinenser getötet, der Großteil davon Zivilisten. Auf israelischer Seite starben zwei Zivilisten und 32 Soldaten bei Kämpfen im Gazastreifen. Augenzeugen zufolge fiel in der Nacht der Strom aus, nachdem das wichtigste Kraftwerk des Küstengebiets getroffen wurde. Menschen gerieten in Panik.
Die Bemühungen um eine Waffenruhe dauerten derweil an. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon traf im saudiarabischen Dschiddah mit König Abdallah zusammen, um über den Gaza-Konflikt zu sprechen. Zuvor hatte er in Jerusalem US-Außenminister John Kerry gesprochen, der sich ebenfalls für eine Feuerpause einsetzt. Nach einem Gespräch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte Kerry, sie hätten in den vergangenen 24 Stunden „gewisse Fortschritte“ zu einer Waffenruhe gemacht. Anschließend traf er sich mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
Auch der neue britische Außenminister Philip Hammond traf mit Abbas zusammen, wobei er sich für eine grundlegende Lösung des Konflikts aussprach. Der Hamas-Führer Chaled Meschaal lehnte eine Waffenruhe ab, solange Israel nicht in die Aufhebung der seit Jahren bestehenden Blockade des Gazastreifens einwilligt. Die Hamas begrüßte die Aussetzung des internationalen Luftverkehrs zum Flughafen Ben Gurion als "großen Sieg". Die US-Luftfahrtbehörde FAA verlängerte ein Landeverbot, das am Dienstag nach dem Einschlag einer Rakete aus dem Gazastreifen nahe der Rollbahn verhängt worden war, um 24 Stunden.
Leser*innenkommentare
MOTZARELLA
Gaza-Israel-"Konflikt" (in Anführungszeichen!, denn es handelt sich in Wirklichkeit ja um einen dermaßen schmutzigen KRIEG
mit bereits 800 (achthundert!) Toten und Tausenden von Verletzten)....
Selbst Krankenhäuser und Notunterkünfte in Gaza bleiben nicht unverschont . . .
Und schon klagt Israel über Einbußen durch ausbleibende Touristen. -
Doch jetzt frohlockt die Presse: FLUGBOYKOTT BEENDET. . .
- na dann ist ja alles bestens!
christine rölke-sommer
komisch.
den beginn der Zypernkrise erlebte ich ba'aretz. und als dann die zivilen flieger wieder gen Europa flogen, flogen die einen großen bogen bis in den ägyptischen luftraum hinein. dabei liegt doch Zypern wahrhaftig nicht in unmittelbarer nachbarschaft von Ben-Gurion.
und jetzt?
ist man sich so sicher, dass es ja nur ein feindliche rakete sein kann, welche einen flieger im an- über- oder abflug trifft, dass man ... ja was eigentlich?... kidush ha shem flugzeugweise in kauf nimmt?
Thomas Fuller
Bei der Zypernkrise führte die Türkei mit einer westlich hochgerüsteten Armee eine Invasion durch. Die hatten die nötige Luftabwehr.
Die Hamas hat keine Luftabwehr. Wohl aber kann sie den Flughafen treffen und damit auch ohne gezielt ein Flugzeug vom Himmel zu holen, eins erwischen.
Holzschnitt
Im Gazakrieg gibt es doch wirklich wichtigere Rechtsfragen.
Joe Montana
@Holzschnitt ich finde es nicht unerheblich, ob die Hamas israelisches Gebiet besetzt oder nicht.
Joe Montana
Stelle mir seit einigen Tagen die (zugegebenermaßen seltsame) Frage:
gilt ein Hamas-Tunnel unter einem auf israelischem Territorium liegenden Kibbuz nun als besetztes Land?
Wenn ja, dann müsste die Hamas doch eigentlich als Besatzungsmacht gelten?
Wenn nicht, dann wäre dass Haus eines Siedlers eine Besetzung fremden Landes, der Tischtenniskeller aber nicht (ist ja unter der Erde, wie der Tunnel der Hamas).
Kann mir jemand weiterhelfen?
Holzschnitt
In den Nachrichten habe die Meinung einer Passantin gehört, die auf der Straße interwievt worden war. Sie sagte, sie fühle sich abgeschnitten.
Ein Gefühl, das die Bewohner in Gaza in weit größerem Umfang schon seit Jahren haben. Aber daran verschwendete die Passantin keinen Gedanken.
Die panische Reaktion auf das Landeverbot der Airlines in Wirtschaft, Politik und quer durch die Gesellschaft zeigt, dass die westliche Staatengemeinschaft durchaus Mittel hätte, um die Brutalität und Rücksichtslosigkeit der israelischen Aggression in Gaza abzubremsen. Ich bin der Meinung, dass ein solches Vorgehen wirksamer wäre als die irreale Forderung nach Versöhnung und zwei Staaten Lösung!
Keine Waren aus Israel kaufen, die in den besetzten Gebieten hergestellt worden sind etc.
Netanjahu hat Hornhaut auf dem Trommelfell wenn man ihm etwas über Völkerrecht erzählt. An seinem Geldbeutel ist er aber empfindlich!
Handschweiß
ich hatte hier einen etwas harten Kommentar reingestellt, der entfernt wurde. ok, TAZ ist der Hausherr.
Ich bleibe aber dabei, daß der Satz mit dem "Geldbeutel" ein ganz klarer Hinweis auf Antisemitismus ist.
Handschweiß
Soquette
Nun, wenigstens haben die sog. Israelkritiker, die es den Israelis verübeln, dass sie wegen der "lächerlichen, selbst gebastelten Silvesterböller der Hamas", einen Krieg gegen "unschuldige Zivilisten" führen, einen Dämpfer bekommen. Denn Fakt ist, dass diese "Silvesterböller" dazu geführt haben, dass die Airlines Schiss bekamen und Tel Aviv nicht mehr anfliegen wollten. Und auch die Hamas hat gezeigt, welch Ziele sie wirklich verfolgt, wenn sie nicht mal davor zurückschreckt, Zivilflugzeuge aus aller Herren Länder zu beschießen und unschuldige Passagiere zu töten. Eine Terrororganisation wie sie im Buche steht.
Handschweiß
Sehr interessant, wie stark die Taz-Artikel- und Kommentarzahlen voneinander abweichen, wenn es um Israel/Palästina oder um "normale" Gräuel geht. Sicher nur Zufall.
Beispielzahlen aus Googel:
Gaza taz.de 2310 Ergebnisse
Syrien taz.de 354 Ergebnisse
Sudan taz.de 57 Ergebnisse
Im Irak tötete ISIS durch Anschläge über 6.000 Menschen.
Im aktuellen Gazakonflikt soll es weit mehr, nämlich über 600 Tote geben.
Handschweiß
Nicki
Benjamin Netanjahu ist Verteidigungsminister? Ich dachte, er wär der Premier und Mosche Jaalon ist Verteidigungsminister.
Bruno
Moderator
@Nicki Danke für den Hinweis.
Velofisch
Nicht die Verhängung sondern die Aufhebung des Landeverbotes am Flughafen Ben Gurion ist wohl politisch motiviert. Wo Raketen einschlagen, da wird normalerweise keine zivile Airline mehr fliegen wollen.
Nun fliegen nach Tel Aviv nur Leute, die nach Israel (oder Palästina) wollen und dort sieht es mit der Sicherheitslage auch nicht besser aus als am Flughafen. Zudem ist der Landweg zu anderen internationalen Flughäfen für Israelis nicht einfach zu bestreiten und eine Blockade des Flughafens Ben Gurion würde eine Blockade Israels bedeuten. Daher werden die Sicherheitsbedenken hintenan gestellt.