Kommentar zur Einwohnerzahl: Wer ist ein Berliner?
Es wird höchste Zeit für eine Debatte darüber, was Berlin eigentlich sein will, wie sich die Stadt selbst versteht und wo sie räumlich endet.
Erneut ist die Zahl der Einwohner innerhalb eines Jahres rasant gestiegen: Ein Plus von 46.600 Menschen melden die Statistiker für 2013. Der Trend, dass die Stadt wächst, setzt sich also fort; „in naher Zukunft“, so das Statistikamt, werden in Berlin 3,5 Millionen Menschen leben.
Das freut viele Politiker in Regierung und Opposition: Sie können mit steigenden Steuereinnahmen rechnen und mit Unterstützung für ihre Forderung, die Verwaltung wieder aus- statt abzubauen. Es freut insbesondere den neuen Regierenden Bürgermeister: Michael Müller (SPD) bekommt so die klarsten Argumente für sein Herzensanliegen Wohnungsbau, die er kriegen kann – nackte Zahlen.
Zeit für Debatten
Doch auch die dürften nicht ausreichen, die vielen Zweifler zu überzeugen, welche sich gegen jede neue Baustelle in ihrer Nachbarschaft wehren. Schließlich ist es nicht nur die steigende Zahl der Geburten, die zur positiven Entwicklung beigetragen hat, sondern auch die der Zuwanderer – aus Deutschland, Europa, dem Rest der Erde. Es scheint, als wäre die Stadt da, wo sie sich Anfang der 1990er wähnte: auf dem Weg zur 4-, 5-, 6-Millionen-Metropole.
Deshalb wird es höchste Zeit für eine Debatte darüber, was Berlin eigentlich sein will, wie sich die Stadt selbst versteht und wo sie räumlich endet: Hinterm S-Bahn-Ring, an der Stadtgrenze, hinterm Speckgürtel? Und: Wer ist heute ein Berliner und welche Ansprüche ergeben sich daraus? Auf diese Fragen wird es keine klaren Antworten geben, aber aus der Diskussion heraus können sich inhaltsstarke Begründungen für die Erweiterung Berlins ergeben – die mehr wert sind als nackte Zahlen.
Leser*innenkommentare
Stefan Mustermann
"Es wird höchste Zeit für eine Debatte darüber, was Berlin eigentlich sein will..."
Man kann schon jetzt davon sprechen, dass Deutschland die führende Position in der EU übernommen hat.
Im weltweiten politischen Geschehen ist Deutschland zwar keine militärische Macht wie die USA, Russland oder China, spielt aber vielleicht die wichtigste Rolle für den Weltfrieden und die Wahrung der Rechte aktuell. Das geschieht durch einen starken poltischen Dialog.
Deswegen muss auch Berlin zu einer quasi Hauptstadt der EU (im ersten Schritt) werden. Das kann nur durch Taten erfolgen.
Berlin in Deutschland und aus dem Ausland wird als Zentrum und die beliebteste Stadt Europas angesehen werden, wenn die Menschenrechte in Berlin und der Einsatz für den Weltfrieden und Gerechtigkeit über die Deutschen Grenzen hinaus, die weltweit stärkste Ausprägung durch Berlin erfahren werden.
Sikasuu
Zitat:....Deshalb wird es höchste Zeit für eine Debatte darüber, was Berlin eigentlich sein will, wie sich die Stadt selbst versteht und wo sie räumlich endet....
###
Oh, du höheres Wesen was wir verehren! © Böll, Murke...
.
Stadtplanung, offene Debatte, ohne vorgegebene Ziele (und das ich die "Freunde" ins Geschäft bringen kann)....
.
Stadtplanung, als demokratischer Prozess, als Ausgleich der Interessen zw. Bürgern und Geschäft.....
.
Das hat es noch nie seit den ersten Zunftaufständen gegeben.... und das jetzt in Berlin?
.
Gut, ist natürlich eine legitime Forderung, aber wird da nicht ein wenig "Debatte" mit "Klassenkampf" verwechselt:-))
.
Offene demokratische, Debatte über Stadtplanung in Berlin, klingt für mich fast so wie: "BER geht 2016 ohne Probleme kostengünstig in Betrieb:-)"
.
Gruss Sikasuu
ralf ansorge
meine -natürlich höchst subjektive -erfahrung aus meiner 7-jährigen berliner zeit ist,daß es in berlin nicht mehr oder weniger provinziell (keine wertung) zugeht als anderswo,nur lauter.viele von den ureinwohnern sind schon hilflos wenn sie aus irgendeinem grund ihren kiez verlassen müssen.meiner netten nachbarin,geboren und aufgewachsen in berlin, mußte ich erklären,wie sie von prenzlberg nach lichtenberg kommt.das flair,die kultur kommt größtenteils von den zugereisten und wird finanziert durch die sogenannte und von so manchem berliner verachteten provinz. besonders interessant ist das vom autor beschriebene verhalten bei veränderungen.statt kritischer begleitung ist dort oft nur prinzipielle ablehnung. beispiel tempelhof,das wäre bei richtiger ausführung eine riesige chance gewesen nachhaltig das wohnungsproblem anzugehen.ich weiß,die angst daß das ganze auch nur eine immospekulantenspielwiese geworden wäre war auch berechtigt.aber die profitieren von der ablehnung noch viel mehr.lückenbebauung wollen die nachbarn meist auch nicht.kann ich verstehen wenn sich irgend ein geldsack ein steuerabschreibungsobjekt dort hinknallt,aber nicht wenn sich leute zu einer wohngruppe zusammentun und ein objekt zum selbstwohnen auf die beine stellen.die welt ist halt komplizert