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taz-lab-Kolumne S(ch)ichtwechsel #3 Couchsurfen statt Wohnen

Vielen Studierenden kommt das Pandemie-bedingte Lernen per Zoom ob der Wohnungskrise leider gerade recht. Aktuelle Mieten können sie sich gar nicht leisten.

In Hannover wird gebaut - doch wer kann es sich leisten in den Neubauwohnungen zu wohnen? Julian Stratenschulte dpa

Von LASSE VOß

In unserer taz-lab-Kolumne S(ch)ichtwechsel schreiben unsere Autor:innen wöchentlich über Klima und Klasse.

taz lab, 01.02.2022 | In meinem Architekturstudium in Hannover lerne ich viel über sozialen Wohnungsbau. Gleichzeitig habe ich selbst während der Wohnungssuche die ersten Monate des Semesters bei Freunden auf der Couch geschlafen. Viele meiner Kom­mi­li­to­n*in­nen haben sich sogar entschieden, die Suche ganz aufzugeben, und pendeln täglich über Stunden aus ihrer Heimat in die Stadt.

Kein Wunder, dass für einige der Vorschlag eines dauerhaften Onlineangebots ganz attraktiv klingt. Die Wohnungssuche ist ohne Kontakte zum Frustrationstest geworden, und während die meisten Angebote durch ihren Preis gar nicht in Frage kommen, sind Studentenheime oft schon überfüllt oder gleichen von den Preisen her dem restlichen Markt.

Sozialer Wohnungsbau? Unwirtschaftlich

Vor Kurzem konnte ich dann endlich doch ein WG-Zimmer ergattern. Die Wohnung gehört einer Genossenschaft, welche im letzten Jahr noch ein neues Mehrfamilienhaus gebaut hat. Obwohl die Wartelisten weiterhin voll sind, plant der Vorstand vorerst keine neuen Bauprojekte.

Der Grund: nachhaltiger, sozialer Wohnungsbau sei unwirtschaftlich geworden. Beim letzten Projekt konnte die Genossenschaft die geforderten 25 Prozent Sozialwohnungen noch verbauen. Doch viele Investoren beklagen, dass die dadurch generierbaren Mieteinnahmen die Baukosten nicht mehr refinanzieren können. Einer der Gründe für die hohen Kosten sind die rasant steigenden Materialpreise.

Die Couch wird weiter gebraucht

Die Zeiten von reinen Szenevierteln sind damit wohl vorerst vorbei. Sie verschwinden, obwohl sie doch das sind, was große Städte immer ausgemacht hat. Was bei uns in Hannover schon ein großes Thema ist, nimmt in Berlin und Hamburg bereits ganz andere Dimensionen an.

Entlastung soll es durch ein Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz der neuen Koalition geben. Die Maßnahmen versprechen Fördergelder für soziale Bauprojekte und eine Zukunft im seriellen Bauverfahren. Bis sich diese allerdings in bezahlbare Projekte entwickeln, stellen wir unsere Couch gerne weiterhin unseren Kommiliton:innen zur Verfügung.