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Neue medizinische Erkenntnisse Die erfolgreiche Forscherin

Der Vater war dagegen dass seine Tochter studierte. Heute ist die Biologin aus dem Südirak eine international anerkannte Parasitologin.

von Mona Abdel

Zwischen Mikroskop, Proben-Schalen, Notiz-Blättern sitzt Bassad Al-Aboody, Professorin für Parasitologie an der südirakischen Universität Dhi-Qar und versucht das Komplizierte einfach zu erklären. „Ich habe nie erwartet eine bedeutende wissenschaftliche Entdeckung zu machen“, sagt die 50-jährige Forscherin. Nur wenige Frauen arbeiten in der naturwissenschaftlichen Forschung des Irak. Viele Interessentinnen scheitern schon am Widerstand in der Familie. Auch Bassads Vater tat alles, um seine Tochter zu bremsen. Vergeblich.

Vor kurzem gelang es der Professorin für Parasitologie, eine bislang unbekannte Ursache für die meist tödliche Hirnhautentzündung (Meningitis) herauszufinden: Nicht nur Bakterien und Viren, sondern auch die sogenannten Wimpertierchen (Ciliophora) können etwa über verschmutzte Wunden auf den Menschen übertragen werden und so eine Meningitis auslösen. Bassad hatte die Mikroorganismen in der Hirnflüssigkeit von Meningitis-Patienten isoliert und analysiert.

Der Vater hoffte, seine Tochter würde ihr Studium abbrechen

Im Juni veröffentlichte Bassad ihre Forschungsergebnisse in der internationalen Fachzeitschrift Material Today Proceedings . Zudem wurde der von ihr nachgewiesene Mikroorganismus in der internationalen Genbank des amerikanischen National Center for Biotechnology Information registriert.

Bassad Al Aboody wuchs in einer streng konservativen Familie in Sadr City, einem Viertel im Nordosten von Bagdad auf. Ihr autoritärer Vater war gegen eine universitäre Ausbildung, schließlich konnten Frauen dort Kontakt zu fremden Männern haben. Er verweigerte seiner Tochter jede finanzielle Unterstützung und hoffte, sie würde deshalb das Studium abbrechen.

Doch ihre Schwester, die von zuhause aus als Schneiderin arbeitete, gab Bassad etwas Geld.

Als Bassad 1994 erfolgreich ihr Studium der Biologie abgeschlossen hatte, verbot der Vater ihr, zu arbeiten. Die damals 23jährige durfte nicht einmal das Haus verlassen.

Kein Telefonanschluss für das eigene Zuhause

Eines Tages kam ein Nachbar herüber, nach Bassad sei am Telefon gefragt worden. Für das eigene Zuhause hatte der Vater einen Telefonanschluss untersagt, um zu verhindern, dass Mutter und Töchter ohne seine Kontrolle kommunizieren konnten.

Bassads Professor von der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bagdad hatte den Nachbarn gebeten, sie über ihre Ernennung zu Dozentin für Parasitologie zu informieren. Zunächst war ihr Vater außer sich vor Wut, da dieser berufliche Start seinen Prinzipien und religiösen Überzeugungen fundamental widersprach.

Anerkennung ihrer Forschungserfolge

Doch schließlich rangen Verwandte ihm die Zustimmung ab. Neben ihrer Tätigkeit als Dozentin schloss sie ihr Masterstudium ab und zog 2003 nach der Heirat nach Nasiriyah – eine kleine Stadt, in der viele sie kennen. Dort forscht sie seither in der Biotechnologie und veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Studien.

Die Anerkennung für ihre jüngsten Forschungserfolge hält sich in Grenzen. Zwar hat die Universität ihr einen Preis verliehen und der Gouverneur von Dhi-Qar bedankte sich per Brief. Doch das seien eher symbolische, lokale Ehrungen. Weder die Zentralregierung in Bagdad noch das Ministerium für Hochschulbildung und wissenschaftliche Forschung zeigten Interesse an ihrer Arbeit.

Ihr Mann, sagt Bassad, sei stolz auf sie; die beiden Söhne und die Tochter ebenso, „sie brennen für Naturwissenschaften“. Er sporne sie an, weiter zumachen. Das hat sie vor.

„Ich möchte mich nicht damit zufrieden geben, dass es mir gelungen ist, das Wimpertierchen nachzuweisen, was ein großer wissenschaftlicher Erfolg ist. Ich möchte weiterforschen, um eine Behandlungsmethode für die von Ciliophora verursachte Hirnhautentzündung zu entwickeln.“

Mona Abdel aus der südirakischen Stadt Dhi Qar arbeitet als Rundfunk-Journalistin.