Vor der Regierungsbildung in Spanien: Mut gefordert

Die Gespräche in Spanien zwischen Regierungschef Sánchez und Separatistenführer Puigdemont könnten Neuwahlen verhindern – und eine rechte Regierung.

Eine Frau unter einer katalonischen Fahne

Separatistin in Barcelona Foto: Matthias Oesterle/imago

Jetzt ist er da, der Moment der Wahrheit. Die lange unter dem Deckel gehaltene Frage nach der Plurinationalität Spaniens und ob diese Nationen vollwertige Nationen mit dem völkerrechtlich verbrieften Recht auf Selbstbestimmung sind, liegt auf dem Tisch. In den kommenden Monaten wird sich alles in Spanien genau um diese Frage drehen.

Denn ohne die Stimmen der baskischen und katalanischen Nationalisten gibt es keine Regierung in Madrid. Allen voran nutzt dies der im Brüsseler Exil lebende ehemalige katalanische Präsident Carles Puigdemont für sich. Seine Junts per Catalunya (JxCat) ist das Zünglein an der Waage, die in Richtung einer weiteren Legislaturperiode für die Linkskoalition unter dem Sozialisten Pedro Sánchez oder in Richtung Neuwahlen ausschlagen kann.

Bei den anstehenden Verhandlungen für eine Mehrheit im Parlament ist Mut gefordert, um eine kreative Lösung zu finden. Maximalpositionen sind nicht hilfreich. Das gilt nicht nur für Sánchez, sondern auch für die Nationalisten.

Scheitern die Gespräche, gibt es Neuwahlen

Die Verhandlungen für einen „historischen Pakt“, wie ihn Puigdemont anmahnt, könnten die letzte Möglichkeit sein, die lange angestauten Probleme, die sich am 1. Oktober 2017 mit dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien Luft machten, zu lösen. Aussitzen lassen werden sie sich nicht.

Sollten die Gespräche scheitern, käme es zu Neuwahlen. Diese könnten – im besten Falle – wie die am 23. Juli ausgehen. Gewonnen wäre dann nichts. Im schlimmsten Falle bekäme die Rechts-rechtsaußen-Koalition aus Partido Popular und Vox und damit der Rückschritt und die Repression eine Mehrheit.

Sánchez und Puigdemont sind beide gefordert, den Willen der WählerInnen vom 23. Juli umzusetzen. Der ist eindeutig. Denn egal ob sie Sozialisten, Linksalternative oder Nationalisten in den unterschiedlichen Regionen wählten, alle stimmten sie für ein vielfältiges, bunteres, modernes und nach vorn gewandtes Spanien – ein Spanien, das auch seine Probleme mit nationalen Minderheiten zivilisiert löst.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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