Von wegen öko: Grüner Anstrich für Schiffe

Fast jedes zweite Kreuzfahrtschiff in Hamburg gehört der Reederei Aida – eine Bürgerinitiative, gegründet vom Aida-Chef, soll das Image nun aufpolieren.

Bei Familien beliebter als bei Ökoverbänden: Aida Cruises. Bild: dpa

HAMBURG taz | Am morgigen Donnerstag in der Früh soll die „Aidasol“ am Kreuzfahrtterminal in Hamburg-Altona anlegen. Am Sonnabend folgt schon die „Aidaluna“ und am Sonntag läuft die „Aidastella“ ein. Die Häufung von Kreuzfahrern der Rostocker Reederei in dieser Woche ist kein Zufall: Fast jedes zweite Urlauberschiff, das in diesem Jahr den Hafen anfährt, ist ein Aida-Schiff. Neuerdings kreuzt das Unternehmen unter der Flagge „Freunde des Meeres“ auf.

Die Tochtergesellschaft einer italienischen Reederei ist in der Reisewirtschaft beliebter als in der Ökoszene. So wurde Aida Cruises gerade zum familienfreundlichsten Kreuzfahrtunternehmen Deutschlands gekürt. Ergebnis einer bundesweiten Befragung, die eine Kölner Service Value GmbH durchführte. „Familienfreundlichkeit ist wichtiger Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie“, sagt Personalchefin Haike Witzke.

Zur „Unternehmensphilosophie“ gehört auch ein zeitgemäßes grünes Image. Der 52-seitige Nachhaltigkeitsbericht „Aida Cares 2013“ verspricht viel Engagement. Und Aida hat angekündigt, ihre Schiffe ab 2015 mit sogenannten Dual-Fuel-Motoren auszustatten, die nicht allein mit Schweröl und Schiffsdiesel, sondern auch mit umweltfreundlichem Flüssiggas betrieben werden können. Obendrein hat Aida-Chef Michael Ungerer eine Bürgerinitiative gegründet: „Freunde des Meeres“. Ein gemeinnütziger Verein, der „das sensible Ökosystem Meer national und international schützen und erhalten“ will. Dazu hat Ungerer seit März einige Prominente, unter anderem den Hamburger Theatermacher Corny Littmann um sich geschart.

Doch wollen kritische Stimmen gerade gegen Aida Cruises nicht verstummen. So bleibe beispielsweise abzuwarten, mit welchem Treibstoff Aida tatsächlich in einigen Jahren fahren werde. Bis dahin und wohl auch danach dieselt Aida weiterhin ohne Kat und Filter über die sieben Meere, meldet der Naturschutzbund (Nabu): „Beim Branchenführer klaffen Anspruch und Wirklichkeit am weitesten auseinander“, so der Nabu, „seinen jährlich mehr als 600.000 Gästen pustet Aida weiter hochgradig giftige Abgase um die Nase.“

Der Naturschutzbund hatte alle bis 2016 für den europäischen Markt vom Stapel laufenden Kreuzfahrtschiffe auf ihre Abgastechnik untersucht: 17 der 20 Schiffe verfügen über keinerlei Abgasreinigung. Am besten schneiden zwei deutsche Aida-Konkurrenten ab – TUI und Hapag-Lloyd. Laut Nabu entsprechen die Emissionen der untersuchten Schiffe denen von 120 Millionen modernen Autos.

Branchenriese Aida ist die deutsche Niederlassung einer italienischen Tochtergesellschaft der britisch-amerikanische Carnival-Reederei, dem größten Kreuzfahrtunternehmen der Welt. Und ein oft gesehener Gast in der Hansestadt: Von den 177 Kreuzfahrern, die in diesem Jahr kommen, sind 73 Aida-Schiffe – fast jedes zweite.

Für dieses Jahr erwartet das Hamburg Cruise Center erstmals 500.000 Passagiere. Und der Touristikboom im Hafen soll noch zulegen. Für 2014 wird „ein erneutes Wachstum“ angestrebt. Nur im Februar blieb Hamburg kreuzfahrerfrei. Doch damit soll auch bald Schluss sein, sagt eine Sprecherin der Lobbyorganisation der Kreuzfahrtindustrie: „Wir sind auf dem Weg zur Ganzjahres-Destination.“ Einschließlich Weihnachten und Sylvester.

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