Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Hilfe zur Hilfe ist Terror

Die islamische humanitäre Organisation IHH bleibt verboten – so urteilte am Mittwochabend das Bundesverwaltungsgericht. Sie habe indirekt den Terror der Hamas unterstützt.

Der Chef der IHH, Mehmet Kaya, in Gaza. Bild: ap

FREIBURG taz | Die Internationale Humanitäre Hilfsorganisation (IHH) wurde zurecht verboten. Das entschied am Mittwochabend das Bundesverwaltungsgericht. Die Richter billigten damit einen Eingriff des Bundesinnenministeriums aus dem Sommer 2010. Die dagegen gerichtete Klage der IHH lehnten sie ab.

Nach Ansicht der Leipziger Richter wurde die IHH rechtmäßig verboten, weil sie gegen die Völkerverständigung gearbeitet habe. Die in Frankfurt/Main ansässige IHH habe die gesammelten Spenden der Islamic Society und anderen Organisationen überlassen, die zum „Gesamtgefüge“ der Hamas gehöre.

Die im palästinensischen Gaza-Streifen herrschende Hamas begehe jedoch terroristische Akte und trage dadurch Gewalt in das Verhältnis des „palästinensischen und israelischen Volkes“ hinein, so die Richter. Das soziale Engagement der Hamas stärke ihr Ansehen vor Ort und erleichtere die Rekrutierung von Aktivisten für Terroranschläge.

Die Richter beriefen sich dabei auf ein Grundsatzurteil von 2004. Damals wurde mit ähnlicher Begründung der Aachener Spendensammelverein al Aqsa e.V. verboten. Insofern ist die Argumentation, dass humanitäre Hilfe für Hamas-nahe Vereine auch deren Terror unterstütze, nicht neu.

IHH-Anwalt Reinhard Marx hatte argumentiert, dass die IHH lediglich „zu blauäugig“ war und deshalb nicht genau geprüft habe, mit wem sie in Palästina zusammenarbeitet. „Mangelnde Sorgfalt kann aber kein Verbotsgrund sein“, so Marx vor Gericht.

Das Gericht hatte zeitweise überlegt, ob es für ein Verbot überhaupt auf Böswilligkeit ankommt oder ob schon die objektive Unterstützung der Hamas genügt. Letztlich haben die Richter die Maßstäbe aber nicht abgesenkt. Allerdings unterstellten sie den IHH-Funktionären, dass sie den Zusammenhang der unterstützten Vereine mit der Hamas sehr wohl kannten. Indem sie dies verschleierten, hätten sich die IHH-Funktionäre mit der Hamas und ihren Gewalttaten identifiziert, urteilten die Richter.

Probleme nur in Palästina

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erging in erster und letzter Instanz. Die IHH überlegt allerdings, ob noch eine Verfassungsbeschwerde eingereicht wird. Anwalt Marx hält das Verbot für unverhältnismäßig. Schließlich sei die IHH in zahlreichen muslimischen Staaten aktiv gewesen und nur in Palästina habe es Probleme gegeben.

Vor einem Jahr versuchten die Leipziger Richter noch ein Urteil zu vermeiden und schlugen einen Vergleich vor: Danach wäre das Verbot der IHH aufgehoben worden, im Gegenzug hätte sich die Hilfsorganisation nicht mehr in Palästina engagieren dürfen. Die IHH stimmte dem Vergleich zu. Die Bundesregierung lehnte aber ab und lieferte stattdessen neue Argumente für ein Verbot, unter anderem Abhörprotokolle des Verfassungsschutzes, die nun zum Erfolg vor Gericht führten.

Die IHH steht inhaltlich und personell Milli Görüs nahe, der mit rund 40.000 Mitgliedern größten islamistischen Organisation in Deutschland. Beobachter glauben, dass das IHH-Verbot ein Testballon für ein späteres Verbot von Milli Görüs sein könnte.

Az.: 6 A 2.10

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