US-Minister verteidigt gezielte Tötungen: Todesstrafe ohne Richter
Terroristen, die eine Gefahr für die USA darstellen, dürfen laut US-Justizminister Eric Holder gezielt getötet werden – selbst dann, wenn es sich um US-Bürger handelt.
CHICAGO afp | US-Justizminister Eric Holder hat die gezielte Tötung von Terror-Verdächtigen durch die USA verteidigt. Die Anwendung „tödlicher Gewalt“ gegen mutmaßliche Terroristen sei auch dann gerechtfertigt, wenn es sich um US-Bürger handele, sagte Holder am Montag vor Jura-Studenten in Chicago.
Es sei „nicht immer machbar“, Terroristen mit US-Staatsbürgerschaft, „die eine unmittelbare Bedrohung eines gewalttätigen Angriffs“ darstellten, gefangenzunehmen. In solchen Fällen habe die US-Regierung „die klare Befugnis, die USA mit tödlicher Gewalt zu verteidigen“, sagte der Minister.
Unter bestimmten Bedingungen sei es rechtens, US-Bürger im Ausland gezielt zu töten, wenn es sich beispielsweise um einen Führer der Terrororganisation Al-Kaida handele, der sich aktiv an Plänen zur Tötung von US-Bürgern beteilige, betonte Holder.
Voraussetzung sei, dass eine gründliche Überprüfung ergeben habe, dass der Betroffene „eine unmittelbare Gefahr eines Anschlags auf die USA“ darstelle und seine Gefangennahme nicht möglich sei.
Holder verteidigte damit die gezielte Tötung von Terrorverdächtigen durch US-Drohnen. Berichten zufolge wurden in den vergangenen Monaten mindestens drei US-Bürger im Ausland durch Drohnenangriffe getötet, darunter der radikale Islamist Anwar al-Aulaqi. Das El-Kaida-Mitglied mit US-Staatsbürgerschaft starb im September bei einem Drohnenangriff im Jemen.
Leser*innenkommentare
Dirk
Gast
@end.the.occupation
"Das war bisher nur in Diktaturen möglich - nun auch in den USA."
Ach so, verstehe. Danke für die Info, dass die entprechenden Drohnen in den USA eingesetzt werden; dachte bisher in afghanisch-pakistanischen Bergen, gegen friedliche amerikanische Urlauber, die wegen der Taubenjagd bewaffnet sind.
end.the.occupation
Gast
>> Wie hat es die CIA in den vergangenen Jahrzehnten in allen möglichen Ländern dieser Erde gehalten?
Anders. Einen amerikanischen Staatsbürger öffentlich (!) ohne Anklage, Prozess und Verteidigung hinzurichten war bisher nicht möglich.
Das ist nun anders: Nun kann - und hat auch schon - der amerikanische Präsident einen amerikanischen Staatsbürger ganz offziell zum Vogelfreien erklären und hinrichten lassen. Der Betreffende kann gegen seine Hinrichtung keine Rechsmittel einlegen!
Das war bisher nur in Diktaturen möglich - nun auch in den USA. Und es wurden bereits weitere Gesetze erlassen, die es dem Präsidenten erlauben jeden Staatsbürger einsperren zu lassen, der es wagen sollte gegen ihn zu demonstrieren.
Frage
Gast
Man mag mich für herzlos halten, aber so richtig verstehe ich die Diskussion nicht. Wenn ein US-Bürger alle Brücken hinter sich abbricht und sich dem bewaffneten Kampf im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet anschließt, dann wird er doch zum feindlichen Kämpfer. Wieso sollte dann das Kriegsrecht gegen seine Tötung sprechen, wenn eine Gefangennahme nicht möglich ist? Was wäre die Alternative - Bodentruppen, Flächenbombardements? Toll!
Celsus
Gast
Die wirkliche Sorge galt allerdings dem Problem, ob gerade US-Amerikaner ohne Gerichtsbeschluss getötet werden dürfen. Die "Ausländer" waren doch gar nicht so wichtig.
Diese gängige Meinung in den USA ist Rassismus.
Orgi
Gast
Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass für das Department of Defense 'protest' eine Form des Terrorismus ist. Steht so in deren Manual.
http://open.salon.com/blog/dennis_loo/2009/06/14/dod_training_manual_protests_are_low-level_terrorism
Nein, ich befürchte jetzt keine Drohnenabwürfe bei Anti ACTA Demos in Berlin oder so, aber etwas nachdenklich sollte man werden angesichts deren Weltbild.
reblek
Gast
Mit Verlaub: Wie hat es die CIA in den vergangenen Jahrzehnten in allen möglichen Ländern dieser Erde gehalten? Gab es da eine Anklage, einen Richter, einen Verteidiger? Soweit ich weiß, gab es da ausschließlich Tote. Einfach so. Ohne Urteil. Nein, nicht ganz. Nur mit dem "Urteil" der CIA.
Hold or fold
Gast
Mit dieser Entwicklung "verurteilt" man nicht nur die mutmaßlichen Terroristen, sondern auch den Rechtsstaat als solchen zum Tode.
Wo kein Richter, dort jetzt trotzdem ein Angeklagter, oder besser, schon zum gewaltsamen Ableben Verurteilter?
Wenn die Gewaltenteilung innerhalb eines Staates flöten geht, wird dem malignen Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Ein blutroter Faden, der sich durch Geschichte der Menschheit und die unterschiedlichsten Staatsformen zieht.
Das Schüren von Angst und geschickte Missinformation bereiten in der breiten Masse den Nährboden für die moralische Legitimation Menschen ermorden zu lassen. Bürger oder nicht, schuldig oder nicht.
Diese Entwicklung gehört wohl zu den dunkelsten Schatten, die eine "Demokratie" werfen kann.