Stromrabatte für Industrie: Schwarz-roter Energiedeal

Die EU-Kommission hält nichts von Industrierabatten auf Ökostrom. Doch auf Druck von CDU und SPD lässt sich Brüssel Zeit mit Sanktionen.

Aluminiumproduktion in Essen: Der Strombedarf ist riesig. Bild: dpa

BERLIN taz | Wegen der milliardenschweren Industrierabatte beim Ökostrom will die EU-Kommission offenbar noch in diesem Jahr gegen Deutschland vorgehen. Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia werde voraussichtlich am 18. Dezember ein Verfahren aufgrund unerlaubter Beihilfen anschieben, so die Rheinische Post unter Berufung auf Vertreter der Industrie.

Allerdings scheint der Wettbewerbshüter bemüht, die Sanktionen formalrechtlich erst Anfang 2014 beginnen zu lassen – deutschen Firmen blieben damit Rückzahlungen in Milliardenhöhe für das laufende Jahr erspart.

Der Streit dreht sich um das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das garantiert den Erzeugern von Ökostrom bisher feste, über dem Marktpreis liegende Einspeisevergütungen. Finanziert werden diese durch die EEG-Umlage: Privatverbraucher und Kleinunternehmer fördern regenerative Energieträger aktuell mit 5,277 Cent pro Kilowattstunde.

Energieintensive Betriebe wie Aluminiumhütten oder Zementwerke werden dagegen besser behandelt: Sie zahlen nur 0,05 Cent.

Die deutsche Industrie insgesamt spart damit allein im laufenden Jahr rund 5 Milliarden Euro, im kommenden Jahr könnten sich die Vergünstigungen auf 7 bis 8 Milliarden Euro belaufen. Almunia will prüfen, ob es sich dabei um unerlaubte Subventionen handelt.

Regierungsvertreter in Berlin wie im Industrieland Nordrhein-Westfalen wollten den konkreten Termin des 18. Dezember nicht bestätigen. Gegenüber der taz machten sie jedoch klar, dass die Einleitung des Beihilfeverfahrens noch in diesem Jahr nicht unwahrscheinlich sei.

CDU-Bundesumweltminister Peter Altmaier und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), die bei den Koalitionsverhandlungen die Arbeitsgruppe Energie leiten, waren erst in der vergangenen Woche nach Brüssel gereist, um Almunia von Sanktionen abzubringen.

Denn die gelten gerade in NRW als Jobkiller: Würde das Beihilfeverfahren noch in diesem Jahr beginnen, müssten die Unternehmen in ihren Bilanzen Rückstellungen in Höhe von 5 Milliarden Euro vornehmen – schließlich haben sie in dieser Höhe von ihrer faktischen Befreiung von der EEG-Umlage profitiert.

„Existenzielle Bedrohung“

„Der Besuch bei Almunia hatte genau das Ziel, diese Rückstellungen unnötig zu machen“, war in Berlin zu hören. Kraft mahnte, die Milliardenkosten könnten für Industrieunternehmen zur „existenziellen Bedrohung“ werden.

Industrievertreter wie BASF-Chef Kurt Bock klagen seit Langem, die Energiewende gefährde wegen der hohen Strompreise Arbeitsplätze – und drohen mit Abwanderung.

Um Industrie und EU zu besänftigen, wollen CDU und SPD das EEG umbauen. Branchen wie Bergbau oder Nahrungsmittel, aber auch die Bahn sollen künftig die volle Umlage zahlen. Gleichzeitig soll die Förderung der Windkraft massiv gekürzt werden. „Die Reform des EEG“, versichert ein Vertrauter Krafts, „läuft in enger Abstimmung mit der EU“.

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