Streit um Graffito in Rostocker Arena: Ultras wie gemalt

Ein Graffito im Stadion des Drittligisten Hansa Rostock sorgt für Ärger: Angeblich wird auf dem Bild gewaltbereiten Fans gehuldigt.

Die Innenraumgestaltung der DKB-Arena empört derzeit Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Caffier (CDU) und OB Roland Methling Bild: dpa

Vor wenigen Monaten präsentierte sich der Drittligist Hansa Rostock noch stolz als Kunstförderer. Doch jetzt gibt es Ärger um das 120 Meter lange Gemälde auf einer Betonmauer im Stadion, das doch nichts anderes zeigen soll als das ganze Spektrum der Hansa-Kultur.

„Hier sind offensichtlich Leute porträtiert worden, die Fußball als Gewaltorgie betrachten“, erklärte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), und auch Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling sagte zur taz: „Leute mit Stadionverbot gehören nach meiner persönlichen Auffassung nicht auf ein solches Bild.“

Sind sie aber, so ist zu hören: Wenige Meter des von der Künstlergruppe ARTunique gestalteten Bildes zeigen Fans des Klubs: sechs junge Männer, die nicht nur ein Transparent hochhalten, auf dem „Gegen Stadionverbote“ steht, sondern von denen fünf früher schon mal mit einem Stadionverbot belegt waren – das haben Recherchen von NDR und der Ostsee-Zeitung ergeben.

Hansa-Sprecher Lorenz Kubitz spricht hingegen von einem „authentischen Kunstwerk unserer Fangemeinde“ und verweist darauf, dass gemalte Personen nicht zwingend reale Vorbilder haben müssen. „Ich denke, sowohl in Büchern, Filmen als auch in Kunstwerken finden wir uns immer alle auch ein Stück weit wieder. Das ist das Leben beziehungsweise die Freiheit der Kunst.“ Michael Dahlmann, Vorstandsvorsitzender des Klubs, sagt sogar, das Projekt sei initiiert worden, „um Gewalttäter auf andere Gedanken zu bringen“.

Ob die abgebildeten Personen wirklich Rostocker Ultras sind und ob diese wirklich einmal Stadionverbot hatten – und wenn ja, warum –, vermag beim FC Hansa niemand zu sagen. Im August jedenfalls wurde noch mit positiver Medienresonanz das gigantische Wandbild vorgestellt. Das Onlineportal fanzeit.de nannte damals Einzelheiten: Etwa 10.000 Euro habe es gekostet, drei Wochen hätten die Arbeiten gedauert, und die Künstler hätten einen Schlüssel zum Stadion gehabt.

Männer mit einer bewegten Vergangenheit“

In der Auseinandersetzung um das einst gelobte und jetzt scharf kritisierte Bild gibt sich die Künstlergruppe ARTunique bedeckt: Man habe „keinerlei Interesse, in irgendwelchen Medien Erwähnung zu finden“, wird der taz beschieden. Und eine Ultragruppe teilt mit: „Auch wenn sich Ihre Zeitung von den übrigen Schmuddelblättern in wichtigen Punkten unterscheidet, verfolgen wir generell den Konsens, dass wir mit Medienvertretern jeglicher Form nicht zusammenarbeiten.“

Gleichwohl gibt es Stellungnahmen aus der Ultraszene; in einem Text, der auf Facebook verbreitet wird, heißt es, auf dem umstrittenen Teil des Bildes seien „lediglich sechs nicht lächelnde Männer mit einer bewegten Vergangenheit“ zu sehen.

Ein Sprecher der „Blau-Weiß-Roten Hilfe“, die sich nicht als Sprachrohr der Ultras versteht, verweist darauf, dass mindestens zwei der abgebildeten Personen, über die sich Innenminister und Oberbürgermeister empören, nicht vorbestraft seien. „Hier werden Stadionverbote mit Straftaten gleichgesetzt, wofür es keine Grundlage gibt“, so der Sprecher. Und selbst wenn sie Straftäter seien, hieße das nicht, wie von Caffier suggeriert, Gewalttäter. Zudem moniert die „Hilfe“, dass wohl auch eine Weitergabe von Dienstgeheimnissen vorliege: Die Liste, wer ein Stadionverbot hat, liege bei der Polizei und hätte nie an Journalisten gehen dürfen.

Folgen wird aus der Kritik an dem Wandgemälde, auf dem unter anderem auch zu sehen ist, wie ein Dampfer mit dem Emblem des Sponsors DKB in die nach ihm benannte Arena einfährt, vermutlich nichts. Das Stadion gehört dem Verein. Weder Land noch Stadt dürfen da hineinregieren. OB Methling räumt ein, dass die Entscheidung bei Hansa liegt. Er erwarte aber „ein verantwortungsbewusstes Handeln des Vereins“. Der aber hat nicht vor, sich diesen Ratschlägen zu beugen.

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