Sozialunternehmerin über .hiv-Domain: „Das Stigma ist da“

Die Berliner Sozialunternehmerin Carolin Silbernagl über die wirtschaftliche Herausforderung einer .hiv-Domain, Spenden und Förderschwerpunkte.

Schuljunge in Soweto, Südafrika: „Das Stigma ist in der Gesellschaft weiter vorhanden“, sagt Carolin Silbernagel Bild: dpa

taz: Frau Silbernagl, es gibt bereits zahlreiche sogenannte Top-Level-Domain-Arten wie .org oder .berlin. Wozu braucht es da noch .hiv?

Weil Top-Level-Domains aufgrund ihrer ständigen Präsenz ein unglaublich großes Potenzial bieten. Wir denken, dass dieses Stück vom Internet ein tolles Mittel ist, um dem Kampf gegen Aids mehr Aufmerksamkeit zu schenken und neue finanzielle Mittel zur Seite zu stellen. Der Aufwand ist gering. Indem ich klicke, tue ich schon etwas, denn dotHIV spendet bei jedem Klick, wobei wir diese Mikrospenden aus den Überschüssen des Domain-Vertriebs finanzieren.

Wohin soll das eingenommene Geld fließen?

Mindestens 70 Prozent unserer Einkünfte werden gespendet, das ist der Qualitätsstandard des deutschen Spendensiegels für gutes Fundraising und eine Kondition unseres Vertrags mit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), welche als Nonprofitorganisation die Vergabe von Namen und Adressen im Internet koordiniert. Wir können mit dieser Lizenz also überhaupt nichts anderes machen. Unser Förderschwerpunkt liegt sehr eng mit internationalen Akteuren wie der UNO und der WHO zusammen und wurde in intensivem Austausch mit ihnen entwickelt.

geb. 1981 in Passau, ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin von //click4life.hiv/en:dotHIV. Der Verein wurde 2011 gegründet.

Welche Projekte unterstützen Sie?

Wir fördern Projekte, die den Zugang zu HIV-Medikamenten verbessern. Wie zum Beispiel bei unserem Pilotprojekt in Ruanda, bei dem es um Mutter- und Kindergesundheit geht. Aber auch das Arbeiten mit Jugendlichen, die ihr Gesundheitsverhalten gerade ausbilden, ist uns wichtig. Dabei haben wir zwei große Zielgruppen: Die einen sind gemeinnützige HIV-Organisationen auf der ganzen Welt, die nichts für die Registrierung bezahlen müssen. Auch sollen sich spezialisierte Ärzte und Patienten im Ausland mithilfe der Domain gegenseitig schneller finden können. Die anderen sind vor allem größere und kleinere Marken, die mit einer .hiv-Domain ein Stück ihrer sozialen Seite zeigen und so auf die HIV-Problematik eingehen.

Sollen die Internetnutzer in die Projekte aktiv mit einbezogen werden?

Ja, ab 2015 entscheiden die Internet-User, wo das Geld hingeht. Im Herbst diesen Jahres können sich bei uns schon Organisationen um Förderung bewerben. Auf click4life.hiv sollen dann dreimal jährlich die Gelder an vielversprechende Projekte ausgeschüttet werden, die die meiste Unterstützung bei den Internet-Usern generieren konnten. Partizipation, Interaktion und Transparenz sind also maßgeblich für unser Projekt.

Könnte das Stigma HIV dem Projekt hinderlich sein?

Das Stigma ist in der Gesellschaft weiter vorhanden, gar keine Frage. Marktwirtschaftlich gesehen ist diese Idee deswegen eine große Herausforderung. Gleichzeitig ist das ja aber auch genau der Grund, warum wir das tun. Diese Nuss zu knacken sehen wir als unsere Aufgabe an.

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