Regisseur Dani Levy: TV-Spot gegen sexuelle Gewalt
Regisseur Dani Levy spricht exklusiv mit der taz über sexuelle Gewalt und seinen TV-Spot für die neue Kampagne des Unabhängigen Beauftragten gegen Kindesmissbrauch.
BERLIN taz | Der Berliner Regisseur Dani Levy lehnt es ab, Missbrauch in spekulativen Bildern darzustellen. Das sagte er in der Donnerstagsausgabe der „taz, die tageszeitung“ in einem großen Interview über den Fernsehspot gegen sexuelle Gewalt, der ebenfalls am Donnerstag vorgestellt wird. „Ich wollte keinen bedrohlichen Spot drehen, in dem alles unter Generalverdacht steht“, meinte der Regisseur von Beziehungskomödien wie „Alles auf Zucker“ oder „Das Leben ist zu lang!“
Levys 40-Sekundenfilm ist Kern der neuen Kampagne des „Unabhängigen Beauftragten für Fragen des Sexuellen Kindesmissbrauchs“, Johannes-Wilhelm Rörig. Die Kampagne heißt „Kein Raum für Missbrauch“ und soll, so die Macher, Eltern, Lehrern, Trainern helfen, Missbrauch zu erkennen und zu verhindern.
Levy sagte, er habe an dem Spot mitgewirkt, weil der systematische Missbrauch durch pädokriminelle Täter das schlimmste ist, was man sich denken könne. Er kritisierte die Film- und Kunstszene, weil sie das Lolita-Image des verfügbaren Kindes transportiere. „Die Sexualisierung unserer Kinder ist fester Bestandteil der Mode- und Fotokunst“.
Das ganze Interview mit Dani Levy lesen Sie in der taz-Ausgabe vom 10. Januar 2013. Am Kiosk oder direkt am eKiosk.
Die Kampagne kostet 400.000 Euro, alle Beteiligten an dem Film hätten gratis gearbeitet, teilte der Unabhängige Beauftragte mit. CIF
Leser*innenkommentare
Doroina
Gast
Zitat: „Räume, die wir hell behalten wollen!“
Es ist beinahe unfassbar und entsetzt mich, dass der Regisseur der aktuellen „Missbrauchs-Kampagne“ so uninformiert, auch teilweise desinteressiert, und dadurch naiv-gefährlich agieren darf/durfte!
Genau diese Weigerung einer ganzen Gesellschaft, das Dunkle in ihrer Mitte sehen zu wollen, IST die größte Barriere für Betroffene, von Missbrauchserfahrungen zu berichten! Genau dieses Festhalten an einer (vermeintlich) „heilen Welt“, an „hellen Räumen“, macht Außenstehende blind für die Signale und taub für die Sprache der Betroffenen! Was es nicht gibt (geben darf), darüber kann auch nicht gesprochen werden.
Wer „Räume hell behalten will“ versagt denjenigen, die „beschmutzt“ wurden (durch die Täter) den Eintritt. Er schickt sie zurück in die dunkle Hölle der Täter.
Wo viel Licht ist, ist bekanntlich viel Schatten. Und denjenigen, die sich im Schatten der „hellen Räume“ herumtreiben (Täter), könnte nichts Besseres passieren, als dass sie vor lauter Starren auf die Helligkeit nicht wahrgenommen werden.
Herr Levy hat sich „entschieden, Bewusstsein zu generieren, das nicht von Schwere begleitet ist“. Wie schön für ihn. Den Betroffenen von sexueller Gewalt ist diese Entscheidung leider nicht vergönnt gewesen. Aber das ficht Herrn Levy ja nicht an.
Herr Levy glaubt, wenn man Kinder in Missbrauchssituationen zeigen würde, würde man suggerieren, dass jeder Raum ein Missbrauchsraum ist. – ….? Soll das seriöse Information und Aufklärung sein? Tatsache ist: JEDER RAUM IST EIN (POTENZIELLER) MISSBRAUCHSRAUM! Das heißt nicht, dass er überall stattfindet, aber es heißt, dass er überall stattfinden KANN! Es gibt keine definierbaren Zonen, wo Kinder nicht gefährdet sind! Wenigstens das sollten wir aus der jüngsten Zeit gelernt haben.
Ehrlich gesagt, möchte ich mir gar nicht ausmalen, was es bedeutet, dass der Bundesmissbrauchsbeauftragte einen solchen Kampagnenfilm absegnet.
Emanon
Gast
Ich mah seine Filme, der Spot ist nicht schlecht und mit dem Lolita-Image bzw. der verniedlichung älterer Mädchen zu Teens hat er völlig recht.
ABER es ist hochgradig gefährlich, solche unwissenschaftlichen Begriffe wie "Pädokriminelle" zu verwenden und zu suggerieren, dass es das Schlimmste ist, was es gibt. Dieses Konstrukt wird in der Politik nicht dazu benutzt, um den Opfern zu helfen oder in der Gesellschaft systemischen Bedingungen vorzubeugen, welche dem Täter zu seiner Tat beihelfen, sondern um Dinge zu pseudomoralisch zu rechtfertigen, die anders nicht zu rechtfertigen sind - wie Vorratsdatenspeicherung oder Zensurinfrastruktur.
Wenn man wirklich etwas tun möchte, um seinen Willen auszudrücken, sollten vor Allem gesellschaftliche Mechanismen geändert werden. Es kann z.B. nicht sein, dass der katholischen Kirche gestattet wird, sich da selbst drum zu kümmern. Politiker könnten ein Zeichen setzen, wenn sie diejenigen Bischöfe meiden, die von den Vorfällen wussten und die Täter einfach in andere Diözesen verschoben, wo sie wieder tätlich wurden. Der Papst ist z.B. so einer. Man kann sich nicht hinstellen und so tun, als stehe man den Opfern bei, wenn man die Hand küsst, die solche Versetzungen unterschrieben hat.
Wolfgang Waldler
Gast
Levy hat recht: Die Sexualisierung der Kinder in der Kunst ist ein Riesenproblem, sogar in der Alltagskunst. Wenn in den Kindergarten Fotografinnen kommen und Fotos von vier- und fünfjährigen Mädchen machen, auf denen sie sinnlich posieren wie auf dem Laufsteg (und manche Eltern das auch toll finden, weil es den Bildern von Mädels in Casting-Shows ähnelt), dann stimmt etwas nicht. Dann müssen alle Alarmglocken läuten. Kinder sind Kinder - keine Models!