Protest gegen Autofabrik: Tesla-Camp droht Räumung

Seit Ende Februar harren Gegner der Tesla-Erweiterungspläne in einem Waldstück in Brandenburg aus. Ab Mitternacht könnte die Polizei eingreifen.

Ein Aktivist seilt sich von einem Baumhaus ab.

Ein Aktivist im Camp im Wald in Grünheide im März Foto: Patrick Pleul/dpa

GRÜNHEIDE dpa/taz | Die Versammlungsanmeldung für ein Protestcamp gegen Erweiterungspläne des E-Autobauers Tesla läuft in der Nacht zum Samstag ab – ab Mitternacht ist eine Räumung möglich. Die Polizei hält sich bislang bedeckt, eine mögliche Verlängerung der Versammlung bis zum 20. Mai werde derzeit geprüft. Die Aktivisten hatten eine Verlängerung angemeldet. Nach Angaben der Initiative „Tesla stoppen“ halten aktuell „60 bis 80 Leute“ einen Teil des Landeswaldes in Brandenburg nahe dem Tesla-Werk besetzt, den das Unternehmen von Elon Musk im Falle einer Erweiterung seines Geländes roden will.

Die Aktivisten hatten das Camp wie eine Demonstration als politische Versammlung angemeldet. Solche Veranstaltungen unterliegen dem Versammlungsrecht und müssen von der Polizei nicht extra genehmigt werden. Sie können aber unter bestimmten Umständen untersagt oder mit Auflagen versehen werden.

Das Ziel der Aktivisten ist, eine Rodung des fraglichen Waldstücks zu verhindern. Bei einer Befragung hatte auch eine Mehrheit der Anwohner die Pläne von Tesla abgelehnt. Die Linken-Europakandidatin Carola Rackete stellte sich am Freitag auf die Seite der Waldbesetzer: „Eine Räumung der Waldbesetzung in Grünheide wäre fatal“, sagte die Klima- und Flüchtlingsaktivistin am Freitag. „Die Genehmigungen für das Protestcamp im Wald und die Mahnwache sollten bis Mai verlängert werden.“

Angesichts der Widerstände gegen die Erweiterungspläne – auch in der Grünheider Bevölkerung – hatte die Gemeinde am Donnerstag auf ihrer Internetseite Vorschläge für eine neue Version des entsprechenden Bebauungsplans vorgestellt. Demnach sollen unter anderem statt der mehr als 100 Hektar, die ursprünglich zur Rodung für die Erweiterung des Geländes vorgesehen waren, nur etwa 50 Hektar Wald gerodet werden.

Die andere Hälfte bliebe erhalten. Damit trage die Gemeindeverwaltung dem Wunsch der Bürger Rechnung, schrieb Bürgermeister Arne Christiani (parteilos). Die Einwohner hatten sich vor drei Wochen in einem Bürgerentscheid mehrheitlich gegen den ursprünglichen Plan ausgesprochen. Der angepasste Bebauungsplan muss öffentlich ausgelegt werden, bevor die Gemeindevertreter darüber abstimmen können.

Knapp 50 Hektar Wald könnten erhalten bleiben

Die Reduzierung sei möglich, weil sich Tesla auf Lager- und Logistikflächen fokussiere, die für eine klimaneutrale Logistik des Werks notwendig seien, sowie auf produktionsnahe Nebeneinrichtungen, hieß es in den Plänen. Service- und mitarbeiterrelevante Einrichtungen wie eine Kita könnte das Unternehmen dann nicht mehr realisieren.

Dafür müsste es in der weiteren Entwicklung des Standortes Alternativen suchen. Die Gemeinde Grünheide hält grundsätzlich an den Ausbauplänen Teslas fest und sieht darin eine Entlastung der bisherigen Infrastruktur. Der E-Autobauer wollte nach bisherigen Plänen auf einer Fläche neben dem Werksgelände einen Güterbahnhof, Lagerhallen und eine Kita errichten.

Mit der aktualisierten Planung werde der Einwohnerbefragung und vor allem den besonders erhaltenswerten Waldflächen Rechnung getragen: knapp 50 Hektar Wald und alle vom Landesforst als besonders hochwertige Waldflächen klassifizierten Bereiche blieben nahezu vollständig erhalten, hieß es in einer Stellungnahme von Tesla.

Die Reduzierung sei möglich, weil sich Tesla auf die für eine klimaneutrale Logistik des Werks notwendigen Lager- und Logistikflächen sowie produktionsnahe Nebeneinrichtungen fokussiere, hieß es weiter.

Tesla will nach eigenen Angaben für seine Erweiterung außerdem nicht mehr Wasser brauchen. Das Unternehmen sei bereit, auf Wassermengen der ersten Ausbaustufe zu verzichten – darüber werde mit dem zuständigen Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) verhandelt, hieß es. Der WSE versorgt 170.000 Menschen im Verbandsgebiet und beliefert auch Tesla durch einen Vertrag jährlich mit bis zu 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser.

Tesla lehnt Tarifbindung ab

Unterdessen steht bei Tesla die Betriebsratswahl vom 18. bis 20. März unmittelbar bevor. Die Gewerkschaft IG Metall hatte nach eigenen Angaben versucht, die Wahl neu anzusetzen, um dabei Chancengleichheit für alle Tesla-Beschäftigten sicherzustellen. Der vom aktuellen Betriebsrat eingesetzte Wahlvorstand schuf nach Auffassung der Gewerkschaft ohne Not einen hohen Zeitdruck bei der Vorbereitung. Damit hätte er Produktionsbeschäftigte benachteiligt, da diese wegen der Betriebspause bei Tesla größtenteils nicht im Werk waren, so die Gewerkschaft.

Die IG Metall hatte angekündigt, sich für einen Tariflohn einsetzen zu wollen. Der US-Elektroautobauer lehnt eine Tarifbindung kategorisch ab. Werksleiter André Thierig hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Wir konzentrieren uns auf uns selbst, um schnell und ohne unnötige Eskalation zu Lösungen für unsere Mitarbeiter zu kommen und damit deutlich schnellere Anpassungen zu realisieren.“

IG Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen, Dirk Schulze, kündigte gegenüber dem „Tagesspiegel“ an: „Die IG Metall beginnt eine Tarifbewegung, wenn ausreichend Beschäftigte im Betrieb bereit sind, sich dafür einzusetzen. Sobald die Unterstützung im Betrieb groß genug ist, läuft die IG Metall los.“ Ein festes Datum gebe es dafür nicht.

In der Fabrik in Grünheide arbeiten nach Angaben des Unternehmens derzeit rund 12.500 Menschen. Das Werk öffnete im März 2022.

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