Otto Schily im NSU-U-Ausschuss: „Ich trage politische Verantwortung“
In seine Amtszeit fielen die meisten NSU-Morde. Im Untersuchungsausschuss sagt Ex-Innenminister Schily, ihn belaste das Versagen der Behörden.
BERLIN dpa | Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat ein Versagen der deutschen Sicherheitsbehörden im Fall der rechtsextremen Terrorzelle NSU eingeräumt.
Dass es über Jahre nicht gelungen sei, der Bande auf die Spur zu kommen und Morde zu verhindern, sei „höchst schockierend“ und „besonders deprimierend und bitter“, sagte Schily am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Er trage dafür gemeinsam mit den damaligen Landesinnenministern die politische Verantwortung. Schily betonte, ihn belaste das sehr.
Der SPD-Politiker hatte von 1998 bis 2005 an der Spitze des Innenressorts gestanden. In seine Amtszeit fielen die meisten der Morde, die der Terrorzelle NSU zugerechnet werden.
Dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ werden in den Jahren von 2000 bis 2007 zehn rassistisch motivierte Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin zur Last gelegt. Die Gruppe war erst im November 2011 aufgeflogen.
Leser*innenkommentare
noevil
Gast
Aufgeflogen ist die Terrorzelle aber wahrhaftig nicht durch den besonderen Einsatz des derzeitigen Innenministers und seiner treuen Helfer.
Das macht natürlich das Versagen des Herrn Schily nicht geringer. Ihm mache ich zum Vorwurf, dass er, statt die Strukturen der eigenen ausführenden Organe auf Wirksamkeit hin zu überprüfen, allen Ernstes auf dümmliche Rasterfahndungen und ähnlichen Unsinn konzentriert hat, wonach bspw. Bartträger schon verdächtig waren. Damit machte er sich sicherlich sowohl bei Links- als auch bei Rechtsterroristen gnadenlos lächerlich.
Das erschütternde Ausmaß dieses Versagens wird erst in den vergangenen beiden Jahren in seiner ganzen Tragweite sichtbar. Am Schwierigsten zu ertragen dürfte besonders für die Hinterbliebenen der Opfer sein, dass - egal aus welcher politischen Richtung der Wind weht - nur an den Symptomen kuriert wird und auf das Sorgfältigste vermieden wird, radikale Änderungen vorzunehmen bezüglich der geeigneten Besetzung (was ist eine geeignete Besetzung/wann/wofür ist eine Person nicht geeignet?)und insbesondere der Strukturen.
Auf den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses darf man gespannt sein. Wieviel davon wohl an die Öffentlichkeit gelangt? Welche Konsequenzen werden daraus wohl gezogen? Oder dürfen wir eine groß aufgelegte Ablenkungs-Show erleben, hinter der der Bericht klammheimlich verschwinden darf, damit alles bem Alten bleiben kann, wenn sich der Untersuchungsausschuss aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und aufgelöst hat?
Sabine
Gast
Aha, Otto Schily trägt also die "politische Verantwortung".
Da er seit langem nicht mehr Innenminister ist muss er allerdings nicht mal zurück treten.
Wer als Minister unfähig ist, mit seinem ihm unterstehenden Beamtenapparat für die Aufklärung von zahlreichen politischen Morden zu sorgen, der hat keinerlei Folgen in Deutschlands zu befürchten.
Unser politisches System der strukturellen Verantwortungslosigkeit muss dringend reformiert werden !
"Der SPD-Politiker hatte von 1998 bis 2005 an der Spitze des Innenressorts gestanden. In seine Amtszeit fielen die meisten der Morde, die der Terrorzelle NSU zugerechnet werden."
wauz
Gast
"Ich trage Verantwortung"
heißt ?
Was wohl? Garnix!
Wer in Deutschland "Verantwortung" trägt, kann weder zur Rechenschaft gezwungen, noch haftbar gemacht werden. Minister, Beamte, "Entscheidungsträger" in Firmen dürfen soviel Scheiße bauen, wie sie nur wollen, sie können es immer abtun mit den Worten, Ich habe Verantwortung (gehabt/getragen/...)
Zahlen müssen immer andere.
Leiden müssen andere
Sterben müssen andere.
Auch Herr Schily wird weiterhin sein üppige Pension verzehren können.
spiritofbee
Gast
Wenn "die politische Verantwortung" keine Konsequenzen für die betreffenden Politiker hat, dann ist sie keine.
Geplänkel, sonst leider nichts!
neubau
Gast
Es nützt zwar nicht viel, aber wenigstens besitzt der Mann die Größe, zuzugeben, dass ihm eigene Fehler nachgehen und er sich mitverantwortlich fühlt. Ein solches Eingeständnis ließen viele in der Sache vermissen...