Obligatorische Automülleimer in Uganda: Doch keine Mülleimer im Auto

Seit dem 1. April ist es in Uganda Pflicht, einen Mülleimer im Auto mitzuführen, um Abfälle nicht aus dem Fenster zu werfen. Sonst droht eine Strafe.

Dichter Verkehr auf den Straßen von Kampala

Auf den Straßen von Kampala, der Hauptstadt von Uganda Foto: Wibke Woyke/Zoonar/imago

KAMPALA taz | Wo ist Ihr Mülleimer?“ fragt der ugandische Verkehrspolizist und grinst. Führerschein? Fahrzeugpapiere? Gültige Versicherungsplakette? All das, wonach die hiesige Polizei Autofahrer sonst fragt, wenn sie mal wieder gestoppt werden, interessiert gerade nicht. Der Grund: Die Umweltbehörde Nema hat im Februar eine Verordnung erlassen, nach der Autos, Busse und Taxen jeweils eine Mülltüte oder gar einen Mülleimer dabeihaben müssen. „Wir werden mit der Verkehrspolizei zusammenarbeiten“, hatte Nema-Chef Barirega Akankwasa gegenüber der Presse erklärt: „Neben der Überprüfung, ob Sie einen Führerschein haben und andere Anforderungen erfüllen, prüfen nun die Beamten, ob Sie einen Mülleimer in Ihrem Auto haben“, sagte Ugandas oberster Umweltschützer unter Androhung von umgerechnet 1.200 Euro Geldstrafe oder gar „strafrechtlichen Konsequenzen“.

„Müll aus dem Auto werfen und keinen Mülleimer im Auto zu haben, kann mit umgerechnet 2.700 Euro geahndet werden“, drohte Polizeisprecher Fred Enanga und betonte: Ab 1. April wird die Polizei landesweit alle Fahrzeuge auf Mülleimer kontrollieren, dann nämlich trete die Verordnung in Kraft.

Seitdem wird gestritten: Im Radio, in Fernsehtalkshows, in den sozialen Medien debattieren die Ugander, ob eine solche Verordnung unter Androhung saftiger Strafen sinnvoll ist. Die einen argumentieren, dass weniger Müll entlang der Straßen gut wäre: „Wir brauchen Mülleimer an verschiedenen Orten in der Stadt, auf Plätzen, wo sich die Leute sammeln, oder entlang der Gehwege“, argumentiert etwa ein Bürger namens Herbert Trust. „Mülleimer in Autos werden allein nicht dazu führen, dass die Straßenränder, die Abflussrinnen und andere öffentliche Orte sauberer werden“. Andere halten die neue Regelung hingegen für totalen Unsinn. „Lose Gegenstände werden bei einem Autounfall zu herumfliegenden Trümmern“, meint etwa Apio Elit und ergänzt: „Im Handschuhfach, in den Türtaschen und in den Mittelkonsolen befinden sich doch bereits Mülleimer.“

Ugandas Polizei ist kein Vorbild für Sauberkeit

„Diebe“ nennt ein Anrufer die Polizisten in einer Radiotalkshow. „Korruption, Korruption!“, brüllt ein anderer anonymer Anrufer in den Hörer und legt auf. Das Problem: Ugandas Polizei gilt selbst als alles andere als sauber. Vor allem Verkehrspolizisten wird nachgesagt, Autofahrer meist wahllos anzuhalten und sie eines Delikts zu beschuldigen, um etwas Bestechungsgeld zu erhalten. Die Kontrolle der Mülleimer würde nun der Korruption im Straßenverkehr noch einmal Tür und Tor öffnen.

Deswegen hat Ugandas Juristenverband ULS geklagt. „Unsere Verfassung verlangt, dass jede Strafe nur auf Basis eines gültigen Straftatbestandes erlassen werden kann“, so der ULS-Vorsitzende Bernard Oundo. Doch im Strafgesetzbuch sei ein solcher Paragraf nicht vorhanden. Das brachte die Umweltbehörde Nema ins Straucheln. Im März verkündete sie erst, die Umsetzung der Vorordnung um 30 Tage zu verschieben. Dann hieß es, nur Taxen und Busse, in denen viele Personen befördert werden, müssten Mülleimer mitführen. Am 31. März – also am Tag vor der geplanten Einführung der Regel – erklärte dann Nema-Chef Akankwasa, die Mülleimer-Verordnung werde endgültig in die Tonne getreten, also trete gar nicht erst in Kraft. Er betont aber: Geldstrafen würden trotzdem erhoben, wenn jemand erwischt werde, wie er Müll aus dem Auto werfe. Nur die Pflicht, einen Mülleimer dabeizuhaben, wird nun doch nicht umgesetzt.

„Sehr schade“, seufzt bei dieser Nachricht wiederum Mark Ntege. Der Mode-Designer hat aus kunterbunten afrikanischen Stoffen wiederverwertbare Mülltüten und Behälter entworfen, die sich im Auto an der Lehne des Vordersitzes oder an der Seitentür befestigen lassen. „Die Dinger gingen weg wie nichts“, freut er sich. Doch dann wurde die Verordnung gekippt. „Jetzt hoffen wir, dass unsere Mülleimer auch im Müll entlang der Straße landen.“

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Simone Schlindwein, Jahrgang 1980, lebt seit 2008 in Uganda und ist taz-Korrespondentin für die Region der Großen Seen: DR Kongo, Ruanda, Burundi, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Südsudan. Von 2006 bis 2008 war sie u.a. Moskau-Korrespondentin des Spiegel. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem Journalistenpreis »Der lange Atem« sowie dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie die Bücher »Diktatoren als Türsteher Europas« (mit Christian Jakob) und »Tatort Kongo« (mit Dominic Johnson und Bianca Schmolze).

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