Neues Indie-Album von Fortuna Ehrenfeld: Musik zwischen Couch und Weltall

Das Kölner Indierock-Trio Fortuna Ehrenfeld surft auf seinem neuen Album „Glitzerschwein“ knapp am Kitsch vorbei. Liebeskummer wird hymnisch besungen.

Das Trio Fortuna Ehrenfeld in deckungsgleichen blauen Karohemden

Deckungsgleich: Fortuna Ehrenfeld tragen Karo Foto: Christian Ohlig

„Glitzerschwein“, so hieß schon mal ein Lied der Kölner Band Fortuna Ehrenfeld. „Alles, was knallt, ist angenehm“, sang Martin Bechler darin, Frontmann und Gesicht der Band, die noch von Jenny Thiele an den Tasten und Paul Weißert am Schlagzeug begleitet wird. Nun trägt ihr neues Album gleich noch „Glitzerschwein“ als Titel. So richtig knallt es – bis auf ein paar Songs – nicht, aber angenehm klingt die Musik trotzdem allemal.

Eher machen Fortuna Ehrenfeld den perfekten Afterhour-Sound, also Musik für die Stunden, nachdem es bereits geknallt hat. Und wie immer fortunaesk springt das Album zwischen melancholischen Klavierballaden und elektronischen Beats zu vermeintlich absurden Sprachspielereien hin und her. Die Texte entfalten sich zwischen Fast-Ernsthaftigkeit und Wortspielerei.

Zum Auftakt des Albums kommt der Song „An der Ecke bellt ein Hund“ – eine Liebeskummer-Ballade, gesungen mit Bechlers rauchig-markanter Stimme. Wie man das schon von seinen früheren Alben kennt, streift er auch hier wieder fast den Kitsch und rettet sich dann bei aller Melancholie rechtzeitig durch Ironie, man könnte auch behaupten: Absurdität. Der Sänger schafft dadurch aber eine Atmosphäre von Wehmut und einem hedonistischen „ist doch eh alles egal“.

Es wird wieder schnulzig

Schon der zweite Song steht direkt im Kontrast zur Ballade. Sowohl inhaltlich – sein Titel lautet: „Leck mich am Arsch, amore mio“ – als auch musikalisch: Sprechgesang, treibender, eingehender Techno-Beat und „Ab geht die Luzie, die Luzie geht ab“. Lange hält das nicht an. Es wird wieder schnulzig, oder doch nicht.

Fortuna Ehrenfeld: „Glitzerschwein“ (tonproduktion/Rough Trade)

Tour: 12. Oktober „Tower“ Bremen, 13. Oktober „Knust“ Hamburg, 14. Oktober „Musikzentrum“ Hannover, wird fortgesetzt

Da kommt wieder von irgendwoher eine Strophe die profan absurd wirkt, ein selbstironischer Bruch, die Textzeile „Ich bin schon wieder traurig und so träume ich von mir“. Und wenig später wieder Bass und Soundeffekte und der fast sinnbildliche Spruch: „Wir propagieren den Exzess, auf Wiedersehen Tristesse.“

Bei „Wir müssen uns bewegen“, reißt die Hörerin der eingängige Beat tatsächlich zum Tanzen hin, aber eher so gemächlich, gleitend, wie man eben tanzt, wenn man im Kopf auf dem Weg zwischen Couch und Weltall ist. So zieht sich das Absurde durch das komplette Album. Blitzt auf in großen Themen wie Revolution, Exzess, Vergänglichkeit und natürlich Liebe und alles, was diese mit sich bringt.

SciFi-Soundeffekte

Richtig tiefgründig wird es aber nicht, das lassen die Songtexte kaum zu. Stattdessen gibt es immer wieder mal etwas überflüssige englische Einschübe und vor allem viele unterschiedliche Effekte, bis hin zu Sci-Fi und Videospielsounds zum Ende einiger Songs. Obwohl die Musik sehr gut abgemischt ist, würden dennoch etwas sparsamere Soundeffekte der etwas zu überladenen Musik guttun.

Ansonsten bleibt Fortuna Ehrenfeld so, wie man sie kennt. Die Band, die die Show liebt und gerne in 150 Euro teuren, blau karierten Schlafanzügen auftritt, setzt auch in ihrem neuen Album auf Aufmerksamkeit und entscheidet sich immer noch nicht richtig. Kitschig oder doch progressiv? Sind sie beides? Sind sie Partyhengste und doch total deprimiert? Ist Martin Bechlers monotoner Sprechgesang, der mit leichtem Synthesizer-Sound unterlegt ist, jetzt inhaltslos oder doch tiefschürfend und sprachverliebt?

Erzählt er zwischen gebrochenen Akkorden von Romantik, oder macht er sich über all das nur lustig? Wer soll das entscheiden? Hö­re­r:In­nen bekommen jedenfalls etwas von allem: mal Kirchenlied-Vibes, mal „We need to go Maraca“ mit hartem Beat, dann wieder chilliger Sound und Martin Bechlers raue Stimme im Ohr: „Autobahn heißt Auto fahren, immer gradeaus.“ Da hat er wohl recht.

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