Mobilisierung in der Ukraine: Wehrdienst soll flexibler werden

Ein neues Gesetz soll den Einsatz in der ukrainischen Armee anders regeln. Dabei geht es auch um das Bekämpfen von Korruption.

Ein bärtiger alter Mechaniker repariert

Ein Mechaniker arbeitet im Oktober 2023 in Kyjiw am Motor eines gepanzerten Mannschafts-Transportwagens (MT-LB) Foto: Alex Babenko/ap

LUZK taz | Fast 22 Monate Krieg in der Ukraine und kein Ende in Sicht: Um die Kampfkraft aufrechtzuerhalten, will die Regierung in Kyjiw neue Vorschriften für die Mobilisierung erlassen. Wie das genau aussieht, ist noch nicht bekannt. Die Rede ist vom Einsatz kommerzieller Personalvermittlungsunternehmen.

Der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates (SNBO), Alexey Danilow, verriet dem britischen Guardian vorab einige Details. Ihm zufolge wollen die Behörden gezielter mobilisieren. Wehrpflichtige sollen Stellen erhalten, die ihren Fähigkeiten im zivilen Leben entsprechen, und nicht einfach an die Front geschickt werden. „Manche haben Angst, zu schießen oder gar zu sterben. Aber das bedeutet nicht, dass sie sich nicht an anderen Aktivitäten in der Armee beteiligen können. Jetzt haben wir einen neuen Minister mit einem neuen Ansatz“, sagte Danilov.

Gemeint ist Rustem Umerow, der seit vergangenem September im Amt ist. „Die Mobilisierung wird flexibler, die benötigten Qualifikationen werden bekannt gegeben. Die Menschen werden freiwillig eine bestimmte Position in der Armee übernehmen. Wir brauchen Schweißer oder Mechaniker“, so Danilow.

Männer werden auf der Straße angehalten, um sie zur Armee zu schicken, Beamte kommen vor Gericht, weil sie Schmiergeld für eine Befreiung vom Wehrdienst angenommen haben – auch solche Fälle kommen in der Ukraine vor. Danilow räumte ein, dass es Probleme bei der Mobilisierung gebe. Er glaube aber, dass die russische Propaganda das Ausmaß übertreibe.

Urlaub für Militärangehörige, die Eltern geworden sind

Zuvor hatte Danilow erklärt, dass das Militär den Vorschlag von Präsident Wolodymyr Selenskyj, einen Teil der Soldaten zu demobilisieren, akzeptiert habe. Nach Hause gehen kann, wer bereits am 24. Februar 2022 gedient hat. Auf eigenen Wunsch können diese Soldaten einen Vertrag mit der Armee unterschreiben.

Nach Hause dürfen Soldaten, die bereits am 24. Februar 2022 gedient haben

Die Äußerungen von Danilow folgten auf eine weitere Erklärung von Präsident Selenskyj. Er hatte gesagt, dass die Behörden einen umfassenden Mobilisierungsplan vorbereiteten. Dem Parlament, der Werchowna Rada, liegt derzeit ein Gesetzentwurf zur Änderung der Regeln für die Mobilmachung, die militärische Registrierung und den Militärdienst vor. Laut Fjodor Wenislawski, Mitglied des Ausschusses für nationale Sicherheit, Verteidigung und Geheimdienste, sehe das neue Gesetz zum Beispiel Urlaub für Militärangehörige vor, die Eltern geworden oder aus der Gefangenschaft entlassen worden seien.

Darüber hinaus haben Soldaten nach 18 oder 36 Monaten ununterbrochenem Dienst ein Recht auf Demobilisierung (hierüber ist noch keine endgültige Entscheidung gefallen). Die Behörden werden zudem den Kreis derer einschränken, die Anspruch auf einen Aufschub vom Militärdienst wegen der Pflege einer Person mit Behinderung haben. Dieses Recht sollen künftig nur noch Verwandte ersten Grades in Anspruch nehmen können.

Mitarbeiter der territorialen Rekrutierungszentren dürfen derzeit Wehrpflichtige zwecks einer Dokumentenkontrolle und der Übergabe eines Einberufungsbefehls nicht auf der Straße anhalten. Das neue Gesetz zielt jedoch darauf ab, diese Rechte zu erweitern und den Rekrutierungszentren der Armee Zugang zu allen Bürgerregistern, einschließlich Bank- und Steuerregistern, zu ermöglichen.

Darüber hinaus bereiten die Behörden die Schließung einer weiteren Lücke vor, um eine Mobilisierung zu umgehen. Künftig können nur Studierende unter 30 Jahren vom Militärdienst befreit werden. Bislang galt das altersunabhängig, was zu einem starken Anstieg der 30- bis 40-jährigen Studierenden geführt hatte.

Die Abgeordnete Marianna Bezuglaja behauptet, dass das Kommando der Streitkräfte der Ukraine die Einberufung von 20.000 Personen pro Monat fordere. Diese Vorgabe wird vielfach nicht erreicht. Angaben der Behörden zufolge sei der Mobilisierungsplan in Poltawa nur zu 13, in Sumy zu 8 Prozent erfüllt.

Aus dem Russischen: Barbara Oertel

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