Kolumne German Angst: Vorbereitung, Vorrat, vorab ärgern

Was wäre ein erholsamer Urlaub im Süden ohne eine schöne deutsche Liste? Macht doch keinen Spaß, wenn alles so spontan läuft.

Deutsche Urlauber auf der Hallig Hooge.

So geht ordentlicher Urlaub! Auf deutsch! Nicht an der Adria! Foto: dpa

1. Andrej Platonow als Urlaubslektüre rausgesucht. Kurz vor Aufbruch dann gegen Stephen King getauscht.

2. Fahrt genau berechnet und trotzdem 1,5 Std. zu früh am Flughafen gewesen. Aus Angst, den Flug zu verpassen.

3. Mit 6 statt 15 Kilogramm gereist. Aus Angst vor Übergewicht.

4. Viel zu viel Zeit; darum im Duty Free gecheckt, welcher Rye-Whiskey im Angebot ist. Für alle Fälle. Aber mindestens für den Rückflug.

5. Gute Stunde an der Bushaltestelle eines kroatischen Kaffs gewartet. Weil der Bus DOCH KOMMEN MUSS!

6. Am zweiten Urlaubstag eine Busverbindung für den Rückflug in zweieinhalb Wochen rausgesucht.

7. Mit dem Kauf eines Winnetou-Shirts, bauchfrei, geliebäugelt. Doch nicht gekauft.

8. Wieder laut darüber philosophiert, wie die Welt an DIN-Normen genesen würde (wg. zu hoher Treppenstufen). Wieder vorgenommen, das künftig zu unterlassen.

9. Tierische Freude über Bier aus pfandfreien Dosen.

10. Süße Katze gestreichelt. Hände gewaschen.

11. Pierre Brice’ Lederhose im Winnetou-Museum angefasst. Vom Guide ermahnt worden. Nochmal angefasst.

12. Am Meer tagelang vom leckeren Grillfisch geredet. Dann nicht mal den Octopus-Salat bestellt. Angst, mir den Magen zu verderben.

13. Doch mal Karl May lesen? Nee.

14. Ausgiebig von Gesang der Nachtigall geschwärmt, dann wütend im Bett herumgewälzt. Das Vieh kräht schlimm laut.

15. Klammheimliche Freude darüber, dass an der dalmatinischen Küste Straßen und Plätze nach Nazis heißen und nicht wie bei uns bloß Kasernen.

15. a) Die Nazis sind hier natürlich auch nur Kriegshelden. Und Patrioten.

15. b) Dann natürlich doch geärgert.

16. Was man alles aus Beton gießen kann! Ganz ohne DIN-Norm!

17. Beim Einkauf zwei Zweieinhalbliterplastikflaschen Laško-Bier (pfandfrei) eingesteckt. Für alle Fälle.

18. Abends Taschenlampen-App aufs Handy geladen, um unterm Bett zu schauen, ob da die große Kakerlake sitzt, die tagsüber die Wand hochlief.

18. a) nachts aufgestanden. Nochmal geguckt.

18. b) s. o.

19. Über Kleinfischerei geredet. Leider null Ahnung gehabt und heimlich auf dem Klo bei Wikipedia nachgelesen.

20. Schwere Regenjacke eingepackt, weil die Wetter-App 21 Prozent Regenwahrscheinlichkeit anzeigt. Keine Wolke am Himmel.

21. Das bereitgestellte 2-lagige durch 3-lagiges Klopapier ersetzt. Bin schließlich im Urlaub!

22. Eisförmchen gekauft, damit Eiswürfel im Wasserglas klackern, wenn man sie mit dem 1-Euro-Wein mischt.

23. Auch wenn die Bedienung auf Deutsch antwortet, laut auf Serbokroatisch weitergeredet, damit die Deutschen am Nachbartisch nicht wissen, dass ich eine von ihnen bin.

24. Drei Tage lang vorab geärgert, dass die Kolumne am ersten Urlaubswochenende fertig werden muss. Ging dann doch ganz schnell.

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Vollzeitautorin und Teilzeitverlegerin, Gender- und Osteuropawissenschaftlerin.

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