Kinoempfehlungen für Berlin: Die Fremde zur Heimat machen

Die NGBK präsentiert zwei Filme über die Geschichte der Migration in Kreuzberg. Das Klick Kino zeigt Max Ophüls' Verfilmungen von Guy de Maupassant.

Eine alte Dame auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer

„Miete Essen Seele Auf“ (2015), Regie: Angelika Levi Foto: Angelika Levis

Berlin-Kreuzberg in den 1980er Jahren: unsanierte Altbauten mit Ofenheizungen, die nicht heizen, Klosetts in Treppenhäusern, die seit 40 Jahren keine Farbe mehr gesehen haben, die Einschusslöcher vom Häuserkampf aus dem 2. Weltkrieg sind noch zu sehen. Überall Trümmer und Verfall. Niemand investiert.

Mittendrin: die türkischen Migrant:innen, die man in jenen Tagen immer noch für „Gastarbeiter:innen“ hält. Nur ohne das „innen“, damals. Als die Gegend rund um das Kottbusser Tor schließlich doch saniert wird, hört ihnen zwar erstmals jemand zu, doch es bleibt zweifelhaft, welche Vorstellungen man sich vom Leben türkischer Frauen seinerzeit eigentlich machte.

Die Künstlerin Pınar Öğrenci blickt gemeinsam mit den Architektinnen Esra Akcan und Heide Moldenhauer in eine Zeit zurück, in der Integration ein seltsames Fremdwort war: Zeitgenössische Fotografien, türkische Gedichte sowie Interviews mit Mi­gran­t:in­nen der zweiten und dritten Generation, die damals Kinder waren, verquicken sich in „Gurbet Is a Home Now“ (2021) zu einem filmischen Essay über Stadtpolitik und die Frage, wie und ob man die Fremde zur Heimat machen kann.

Im Rahmen des NGBK-Programms „Kunst im Untergrund“ zeigt das fsk Kino den Film in einem Doppelprogramm mit Angelika Levis 2015 entstandenem Dokumentarfilm „Miete Essen Seele Auf“, der sich mit einer 2012 entstandenen nachbarschaftlichen Protestaktion am südlichen Kottbusser Tor beschäftigt, bei der neben Fragen von Migration und Rassismus auch jene der Gentrifizierung und Verdrängung eine Rolle spielten (11. 7., 20.30 Uhr, fsk Kino).

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Der französische Schriftsteller Guy de Maupassant (1850-1893) ist hierzulande vor allem als brillanter Novellist populär; in seinen Werken verband er eine Leichtigkeit suggerierende Sprache mit der vermeintlichen Frivolität des Fin de siècle und einer eher düsteren Weltsicht. Als Vorlage für das Kino erwies sich diese Mischung stets als genial: Maupassant wurde zu einem der meistverfilmten Autoren, und das nicht nur in Frankreich.

Elisabeth Edl hat für den Alexander Verlag jetzt jene Maupassant-Erzählungen unter dem Titel „Pläsir“ noch einmal neu übersetzt und herausgegeben, die Max Ophüls 1952 in seinem Episodenfilm „Le plaisir“ kongenial verfilmte: „Die Maske“ (ein Greis wirft sich in der Maske eines jungen Mannes in die Welt der Bälle), „Das Haus Tellier“ (die Damen eines Bordells machen einen Landausflug zur Erstkommunion der Nichte der Betreiberin) und „Das Modell“ (die unglückliche Liebe eines Malers und seines Modells), sowie als vierte, nicht im Film enthaltene, „Die Frau von Paul“ (eine Geschichte um eine lesbische Frau).

Ophüls' Film gehört in die Reihe seiner exzellenten melodramatischen Spätwerke, in denen er (wie fast immer) die technische Brillanz einer überaus eleganten Kameraführung mit großem Schauspielerkino von Stars wie Simone Simon, Danielle Darrieux und Jean Gabin verknüpfte. Buch und Film werden im Klick Kino in der Reihe „40 Jahre Alexander Verlag Berlin“ vorgestellt (8. 7., 20 Uhr, Klick Kino).

Was Greta Gerwig in eigenen Regiearbeiten vertiefte, spielte sie auch als Schauspielerin in der populären Komödie „Frances Ha“ ihres Kollegen Noah Baumbach: die Irrungen und Wirrungen des Wegs einer Frau in das (verspätete) Erwachsenwerden und ein eigenes Leben.

Beziehungen, Freundschaften, Ausbildung und Jobangebote: ständig arrangiert sich für die Tänzerin und Choreographin Frances Halladay in New York alles neu – auch weil es ihr schwerfällt, sich für oder gegen etwas zu entscheiden (9. 7., 21.30, Open Air Mitte (beim Central Kino)).

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