Keine Haushaltsdebatte im Parlament: Schwarz-Rot verpasst große Chance

In der Plenarsitzung hätte Regierungschef Kai Wegner (CDU) per Regierungserklärung die Deutungshoheit über Berlins Finanzmisere behaupten können.

Das Bild zeigt Berlins Regierungschef Kai Wegner (CDU).

Die von Grünen und Linkspartei geforderte Regierungserklärung von Kai Wegner (CDU) blieb Donnerstag im Landesparlament aus Foto: Sören Stache (dpa)

Kai Wegner und seine schwarz-rote Koalition haben die große Gelegenheit verpasst, in der Dauerdebatte um den Landeshaushalt und drohende Milliardeneinsparungen vor die Welle zu kommen, wie es in der Coronapandemie oft hieß. Sich nicht länger treiben zu lassen und Kritik auszuweichen, sondern nach vorn zu gehen und ungeschminkt die Misere der Landesfinanzen zu präsentieren. Doch statt eine Regierungserklärung abzugeben und sich einer breiten Parlamentsdebatte zu stellen, hat sich die Koalition aus CDU und SPD am Donnerstag hinter einer Debatte über Wissenschaftspolitik versteckt.

Das wirkte angesichts der Aktualität und Brisanz des Themas nicht nur peinlich. Es war auch strategisch falsch, das Thema zu vermeiden: Je weiter Schwarz-Rot die offene Auseinandersetzung im Parlament darüber verschiebt, umso schwerer wird es, die Debatte zu lenken. Grünen-Fraktionschef Werner Graf liegt nicht falsch mit seiner Kritik, dass der Landesregierung „der Haushalt komplett entgleitet“.

Angesagt gewesen wäre, dass sich Regierungschef Wegner am Donnerstag vor die Abgeordneten gestellt und Klartext geredet hätte. Er hätte im Grunde nur das noch ein bisschen ausmalen müssen, was in den vergangenen Tagen und Wochen von Finanzsenator Stefan Evers zu ­hören war, früher als Generalsekretär lange sein engster Mitarbeiter als Chef der Berliner CDU.

Evers hatte schon bei der SPD-Fraktionsklausur im Januar in Leipzig dargestellt, dass die jetzt anstehenden Einsparungen von fast 2 Milliarden nur ein Vorgeschmack auf die Notwendigkeiten folgender Jahre sein sollen. Ab 2026 sind demnach 3 Milliarden zusätzlich einzusparen. „In den nächsten Jahren liegen noch weitere Entscheidungen ganz anderer Größenordnung vor uns“, sagte Evers auch am Dienstag nach der Senatssitzung vor Journalisten.

Aber Evers ist eben nicht der Chef der Regierung, sondern, ohne das kleinreden zu wollen, bloß der Kassenwart. Chef Wegner hätte keine finanzielle Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede halten müssen. Aber er hätte die Gelegenheit nutzen können, Berlin auf das vorzubereiten, was da dräut. Das aber hat am Donnerstag im Abgeordnetenhaus gegenüber Journalisten nur die grüne Oppositionschefin Bettina Jarasch klar ausgesprochen: Berlin steht finanziell so schlecht da wie seit dem Bankenskandal 2001 nicht mehr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.